Max Schultze an Ernst Haeckel, Bonn, 6. Oktober 1868

Bonn den 6t October 68.

Mein lieber Haeckel!

Die frohe Botschaft aus Deinem Hause ist mir hierher nachgeschickt, da ich Badenweiler schon verlassen hatte, empfange nun meinen innigsten Glückwunsch und die besten Wünsche für ferneres Wohlergehen Deiner lieben Frau und des Kindes. Daß Bernhard hat hülfreiche Hand leisten müssen war ja an sich nicht erwünscht, wie gut daß Du ihn hattest und daß nun Alles glücklich gelungen.

Ich habe 7 schöne Wochen mit meiner Frau und meinen Knaben im Gebirge verlebt, natürlich ganz faul. Der Sommer war für mich sehr arbeitsvoll und auf-||regend, so daß ich dringend der Erholung bedurfte. Ganz en passant habe ich noch vor meiner Abreise einen Versuch gemacht in Lehrbuchstil. Prof. Stricker in Wien hatte mir nämlich vor längerer Zeit das Versprechen abgelockt zu einem Sammelbuch einer Histologie neueren Stiles, mit dem ich im Allgemeinen mich einverstanden erklärte, ein Scherflein beizutragen. Dies habe ich nun schließlich zwar sehr wider Willen gethan indem ich ihm die allgemeine Nervenlehre bearbeitete. Es ist ohne neue Gesichtspunkte nicht abge-||gangen und um dieser willen freut mich meine Arbeit. Sie freut mich aber auch sofern mir dabei klar geworden, daß es mir nicht so schwer wird als ich dachte, mich in solche Schreibweise hineinzuleben, und mein alter Plan eine allgemeine Histiologie zu schreiben dabei lebhaft angefacht ist. Mit Rücksicht darauf habe ich mir natürlich volle Freiheit vorbedungen. Wider Willen aber trage ich, weil mir die ersten Bogen, die mir Stricker mittheilte als er sie zur Correctur hierhergeschickt erhielt, wo er sich im Sommer einige Zeit aufhielt, gar nicht gefallen, obgleich sie recht gut gemeint sind. Er hat es meines Erachtens gar || nicht verstanden den rechten Lehrbuchton zu treffen.a

Dein angekündigtes Buch habe ich noch nicht erhalten, ich bin sehr begierig darauf. Fr. Müller’s Adresse ist jezt Colonie Blumenau Prov. St. Catharina Brasilien.

Mit bestem Gruße

Dein

treuer Freund

Max Schultze.

Wenn Gegenbaur wieder da ist grüße ihn.

a korr. aus: ;

Brief Metadaten

ID
16516
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
06.10.1868
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,0 x 22,6 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 16516
Zitiervorlage
Schultze, Max an Haeckel, Ernst; Bonn; 06.10.1868; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_16516