Johannes Walther an Ernst Haeckel, München, 11. November 1885

München, den 11 Nov.

1885

Hochverehrter Herr Professor!

Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre liebenswürdigen Zeilen und so erfreuenden Inhalt.

Freilich habe ich leider die Arbeit noch nicht fertig; ich sitze seit 3 Wochen den ganzen Tag und zeichne, präparire, schneide, untersuche bald Versteinerungen bald Commatulaembryonen. ||

Jetzt habe ich wunderschöne 0,01 Serien von den letzteren und studire den Zusammenhang der Armentwicklung mit der Ausbildung der anderen Organe.

Hie und da arbeite ich auch ein Stündchen oben bei Professor Hertwig, der mir mit Ölimmersionen und freundlichem Rath liebenswürdig hilft.

Ich hoffe, bei angestrengtester Arbeit mit der Bearbeitung des Materials in diesem Monat zu fertig zu werden, dann aber muß ich noch zu Quenstedt und nach Berlin um die dortigen Sammlungen zu durchstöbern, damit ich mir nichts Werthvolles || entgehen lasse.

Wenn alles gut geht denke ich aber bis 20 Januar die Arbeit ausgearbeitet vorlegen zu können. Sie wird sich ein wenig aus dem Durchschnitt paläontologischer Arbeiten herausheben, hoffentlich zu ihrem und meinem Vortheil.

Sehr interessant ist die hohe morphologische Entwicklung der Pinnula schon vor Entstehung der Arme. Sie sind mit Tentakeln besetzt, die von feinen Muskelfibrillen durchzogen werden welche ähnlich wie bei Podophrya aus der Sarkode herausgestreckt werden können.

Des Neuen finde ich so viel, daß es mir schwer fällt das rechte || Maß der Beschränkung mir zu erhalten.

Prof. Zittel läßt Ihre Grüße bestens erwidern.

Mit verehrungsvollen Grüßen bleibe ich in treuer Anhänglichkeit

Ihr dankbarer Schüler

Johannes Walther

Brief Metadaten

ID
15838
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
11.11.1885
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
12,5 x 19,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 15838
Zitiervorlage
Walther, Johannes an Haeckel, Ernst; München; 11.11.1885; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_15838