Erna Friederici an Ernst Haeckel, Steglitz, 15. Februar 1912

Steglitz | Heesestr. 18

15.II.12.

Mein hochverehrter, lieber Herr Professor Haeckel!

Wieder steht Ihr Geburtstag vor der Tür und will ich nicht versäumen, Ihnen meiner Eltern und meine herzlichsten Glückwünsche zu senden. Möge sich vor allen Dingen Ihre Gesundheit kräftigen, damit Sie || am Abend Ihres Lebens unsere schöne Mutter Natur so recht genießen können! Ich hoffe, Ihnen noch nachträglich einen Blumengruß senden zu können, die gewünschten Orchideen konnte ich leider in hiesigen Geschäften nicht auftreiben und wurde an die Züchterei in || Marienfelde verwiesen, die ich jedoch erst in den nächsten Tagen aufsuchen kann. Wir glücklich werde ich sein, Ihnen mit diesen Blumen, die Sie so lieben, eine kleine Freude bereiten zu können.

Für ihren lieben Brief recht von Herzen Dank, das ist jedesmal ein Festtag, wenn Sie || meiner gedenken. – Inzwischen bewunderte ich auch bei Cromptons Ihre schönen Aquarelle, besonders die Mythen gefallen mir sehr. – Bei Cromptons geht es immer noch nicht gut, die lieben Menschen müssen viel durchmachen, helfen läßt sich da schwer. ||

Bei uns zu Haus geht das Leben seinen Gang, mein Vater hat letzthin auch seinen siebzigsten Geburtstag gefeiert und seit Rom an Rüstigkeit verloren, wenn er auch, dank seiner gesunden Lebensweise immer noch jünger ist als die meisten seines Alters. || Meine Mutter fühlt sich nicht recht gesund, ich selbst bin immer sehr beschäftigt. Doch teile ich mir die Arbeit so ein, daß doch noch Zeit bleibt, um mein Innenleben mit Gutem und Schönem zu bereichern. Zu Weihnachten bekam ich Ihr Buch Insulinde, || das ich sehr liebe und lese jetzt häufig darin und wieder erfreue ich mich an Ihren Kunstformen und Wanderbildern. – – Des Sonntags geht’s hinaus in unsere liebe Mark, in den letzten Wochen auf Schlittschuhen über die Havelseen. – –

Doch, verzeihen Sie, || daß ich solange mit Ihnen plaudere, da Sie doch morgen viel wertvollere Briefe zu lesen haben.

Mit herzlichen Grüßen bin ich in steter Dankbarkeit Ihre Sie hochverehrende getreue

Anhängerin

Erna Friederici

Brief Metadaten

ID
1571
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
15.02.1912
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
8
Umfang Blätter
4
Format
13,2 x 17,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1571
Zitiervorlage
Friederici, Erna an Haeckel, Ernst; Berlin-Steglitz; 15.02.1912; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_1571