Südende, Mittelstr.3, 15.II.11.
Hochverehrter Herr Professor Haeckel!
Recht von Herzen beglückwünsche ich Sie zu Ihrem Geburtstage. Mögen Sie uns noch lange Jahre gesund, in ungebrochener Kraft erhalten bleiben! Mögen endlich die gehässigen Angriffe gegen sie aufhören || und Ihnen künftig Enttäuschungen erspart bleiben!
So sehr habe ich bedauert, Sie bei Ihrem kurzen Aufenthalte in Berlin nicht begrüßt haben zu dürfen. Hätte ich ein wenig Glück mehr im Leben, als ich leider habe – würde ich Ihnen begegnet sein, da ich gerade um die Zeit, als Sie sich zum Potsdamer || Bahnhof begaben, dort vorbeiging. – Doch hörte ich mit Freuden von Frau von Crompton, daß Sie frisch und gut ausgesehen hätten, was mir auch Herr Architekt Kösler aus Plauen – ein sehr tüchtiger Gesinnungsfreund, – bestätigtet. – –
Die Weihnachtsfeier der hiesigen Ortsgruppe verlief recht stimmungsvoll, nur waren allzu viel Gäste anwesend – immer || sieht man fremde Gesichter bei den monistischen Veranstaltungen und man wird nicht warm miteinander, das ist bedauerlich. – Und manches mißfällt mir im Monistenbund – hoffentlich gedeiht er unter der neuen Leitung besser – es ist noch so viel Lauheit, Halbheit und Uneinigkeit dazwischen.
Mit dem Wunsche, daß Sie Ihren Geburtstag gesund und schön verleben grüßt Sie, mein lieber, verehrter Herr Professor Haeckel – auch von meinen Eltern
Ihr dankbare
Erna Friederici