Siebold, Carl Theodor Ernst von

Carl Theodor Ernst von Siebold an Ernst Haeckel, München, 8. März 1869

München den 8t März

1869

Verehrtester Herr College!

Mit Vergnügen sende ich Ihnen die gewünschten Calkschwämme, welche sich in der hiesigen Sammlung vorfinden. Es sind deren, wie Sie richtig vermutheten nur sehr wenige. In dem einen Glascylinder werden Sie Repräsentanten von Sycon, Dunstervillia, Utea, etc finden, ich habe sie durch Oscar Schmidt erhalten, der sie in der Adria gesammelt hat. Ein zweites Gläschen enthält eine Dunstervillia, deren Vaterland ich nicht sicher weiß, wahrscheinlich auch die Adria.

Ich bedauere, daß ich nicht mehr Material für Ihre gewiß recht dankenswerthe Arbeit beitragen kann. Das Cylinder-Gläschen enthält Schwämme, welche Oscar Schmidt selbst bestimmt hat, wie Sie an der Etikette sehen werden.

Da die Osterferien vor der Thüre sind, habe ich auch schon meinen Plan für diese Zeit fertig, ich bereise diesmal die südwestlichen Universität Würzburg, Heidelberg, Strassburg, Freiburg, Baden, um mich mit verschiedenen Collegen über unsere Wissenschaft zu besprechen und Neuigkeiten einzuheimsen. Zugleich suche ich verschiedene Entomologen auf, von denen ich weiß, daß sie mir Beiträge und Mittheilungen über Parthenogenesis machen können, über welche ich jetzt scharf arbeite. Sie glauben nicht, auf welchen Unsinn man dabei in der neusten Literatur über diesen Gegenstand stößt. Die Hartköpfigen halten immer noch am Dogma fest, wobei sie alle Beispiele, die dagegen sprechen, damit abfertigen: Eier, die zur Entwicklung gekommen sind, beweisen, daß sie vorher befruchtet worden sein müssen.

Indem ich mich gefreut, zu erfahren, daß es Ihnen gut geht, verbleibe ich

Freundlichst

Ihr ergebener

v. Siebold.

a eingef.: Ute

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
08.03.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 15292
ID
15292