Semon, Richard Wolfgang

Richard Semon an Ernst Haeckel, Prinz-Ludwigshöhe, 8. Juni 1900

Prinz-Ludwigshöhe

8/VI 1900.

Sehr verehrter Herr Professor.

Es hat mir ausserordentlich leid getan, gestern früh als ich zu dem Zuge 8 Uhr 20 auf der Bahn, dann in Hotel Grünwald war, Sie nicht mehr anzutreffen und zu hören, dass Sie schon um 7 Uhr 30 abgereist wären. Ich hätte Sie so sehr gern noch einmal von Ihrer grossen Reise gesprochen und Ihnen mündlich meinen und meiner Frau innigen Dank für Ihren Besuch ausgedrückt. Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, welche Freude Sie uns damit und durch die Gewissheit gemacht haben, dass Sie uns noch immer zu den Ihnen innerlich nahestehenden Menschen rechnen. Wenn immer Ihr || Weg vor oder nach Ihrer Reise Sie durch München führt, dürfen wir wohl hoffen, Sie wiederzusehen. Am schönsten ist natürlich immer ein Besuch bei uns draussen in Ludwigshöhe. Bei kürzerem Aufenthalt aber oder wenn Ihre Zeit sehr in Anspruch genommen ist, bitten wir um Nachricht, wann und wie wir Sie in München auf Augenblicke oder Stunden sehen und sprechen können. Ich sende Ihnen heute ein Packet mit einigen Büchern, Fahrplänen, Karten, von denen Ihnen dies und das vielleicht von Nutzen sein wird. Rückgabe ist überhaupt nicht, jedenfalls nicht vor Beendigung und literarischer Verwertung Ihrer Reise nötig. Das kleine geschriebenea malayische Vocabular wird Ihnen hoffentlich von Nutzen sein. Vielleicht gehen Sie es vor der Reise einmal mit Prof. Stahl durch, der Ihnen möglicherweise Ergänzungen und Verbesserungen liefern kann. Ich möchte Ihnen raten, bei Prof. Weber anzufragen, ob in letzter Zeit (d. h. in den letzten 10 Jahren) ein brauchbares höllandisch-malayisches Wörterbuch bez. Grammatik || erschienen ist. Die Wörterbücher, die mir Prof. Stahl geborgt hatte und die ich mithatte, waren lächerlich schlecht.

Meine Frau sendet Ihnen auch ein Exemplar ihrer Übersetzung meines Reisebuchs. Ferner beauftragt sie mich, Sie zu bitten, sich in Jena kein Moskitonetz machen zu lassen. Sie möchte Ihnen gern selbst eines nach meinen Angaben anfertigen und wird es Ihnen rechtzeitig zusenden.

Folgende Punkte möchte ich noch einmal in Erinnerung bringen:

1) Schreiben an Treub wegen Engagements eines wirklichb zuverlässigen Dieners.

2) Eventuell Vorausbestellung von etwas Alkohol. Ich bezog denselben von der Firma Kühnemann in Surabaya und war recht zufrieden. Der dort bezogene Alkohol unterliegt auch bei der Mitnahme nach Celebes undc in die Molukken, höchstd wahrscheinlich auch nach holländisch Neu Guinea keiner Steuer. Wohl aber wird er meines Wissens bei der Mitnahme nach Sumatra besteuert.

3) In Java rate ich ausser Buitenzorg und Tjibodas nebst Umgebung jedenfalls auch Garut, die Tempel in Mitteljava, || Surabaya und von dort aus den Vulcan Bromo zu besuchen.

4) Photographische Ausrüstung

a) gute Holzcamera 13:18 mit Zeiss’schen Linsensystem. Mitnahme guter, in Blech eingelöteter Platten. Ich würde aber auch eine grössere Anzahl vorzüglicher Filmee in Platten (nicht in Rollen) mitnehmen. Dieselben sind viel leichter zu transportieren, dazu auch unzerbrechlich. Mit der Praeparation ist man meines Wissens jetzt so weit, dass die besten Fabrikate ebenso dem Tropenklima Widerstand leisten f wie die Glasplatten.

b) Codakapparat, möglichst handliches Format mit Rollenfilmeng. Womöglich h Ersatz der mittelmäßigen Codaklinse durch eine Zeiss’sche Linse.

Versäumen Sie nicht das Manipuliren mit Ihren Apparaten vor Ihrer Abreise möglichst oft zu üben. Vor allem, ausser dem Photographiren selbst, das Wechseln der Rollen und Platten. i Falls || Sie für den grösseren Apparat ausser Glasplatten auch Plattenfilmej mitnehmen, brauchen Sie für letztere noch einfache Rahmen zum Einlegen in die Cassetten. Ich würde für den grösseren Apparat Mitnahme von 3 Doppelcassetten raten. Ausserdem eine rote Laterne (Stearinlicht, nicht Petroleum) zum Wechseln der Platten in der Nacht. Mitnahme k von Schalen, Flüssigkeiten etc. zum Entwickeln ist wohl nicht nötig.

Wenn mir noch weiteres einfällt, von dem ich vermuten kann, dass es Ihnen vielleicht irgendwie von Nutzen ist, werde ich mir erlauben, wieder zu schreiben. Es wird uns sehr interessiren zu hören, wie sich Ihre weiteren Pläne (über Java hinaus) gestalten werden. Sie teilen uns wohl auch noch das nähere Datum Ihrer Abreise mit, auch ob Sie das Schiff in Bremen, Rotterdam oder Neapel besteigen. Bitte übermitteln Sie Ihrer || verehrten Frau Gemahlin, Prof. Fürbringer, l unserem lieben Meister Giltsch und allen, die sonst noch etwas mit uns zu tun haben wollen, unsere besten Grüsse und Empfehlungen. Vielleicht schreiben oder sagen Sie auch Heinrich, wie sehr wir uns freuen würden von ihm wieder ein Lebenszeichen zu haben.

Sie meiner und meiner Frau unerschütterlichen Dankbarkeit und Verehrung versichernd

Ihr alter Schüler

R. Semon.

a eingef.: geschriebene; b korr. aus: wirklichen; c eingef.: nach Celebes und; d eingef.: höchst; e korr. aus irrtüml.: Filmse; f gestr.: Xxxx; g korr. aus irrtüml.: Rollenfilmsen; h gestr.: al; i gestr.: and; j korr. aus irrtüml.: Plattenfilmse; k gestr.: xxx; l gestr.: unserlen

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
08.06.1900
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 14977
ID
14977