Amand Freiherr Schweiger von Lerchenfeld an Ernst Haeckel, Wien. 4. Februar 1888

Der Stein der Weisen

Illustrirte Halbmonatsschrift

Unterhaltung und Belehrung aus allen Gebieten des Wissens

Redaction

Wien, den 4/II 1888.

IV. Taubstummengasse 3

Sehr geehrter Herr!

Anfang December erscheint das 1. reich ausgestattete Heft obgenannter von mir begründeter und geleiteter populärwissenschaftlicher Zeitschrift, welche weiteren Kreisen unser Gesammtwissen und die modernen Forschungsresultate in populärer Form vermitteln soll. Es wird damit ein Versuch gemacht, eine solche Zeitung in vornehmster Ausstattung, von ausreichenden pecuniären Mitteln getragen und mit splendidem Bilderschmuck bedacht (jährlich an 1000 Illustrationen, Tafeln u.s.w.) ins Leben treten zu lassen. Bisher hat man reichlich Geld auf unsere seichten, || sogenannten „Familienblätter“ aufgewendet; es wird sich zeigen müssen, in wie weit ein ähnlicher Aufwand für populärwissenschaftliche Zwecke sich lohnt und ob die gute Absicht einen guten Erfolg haben wird.

Ich wage es vorläufig, bis Sie, sehr geehrter Herr, wenigstens in das 1. Heft Einblick gethan haben werden, noch nicht, Sie höflichst einzuladen, von Ihren Wissenschätzen etwas in den Spalten dieser Zeitschrift abzulagern. Aus diesem Grunde mußte ich mich vorläufig bescheiden, unter den hiesigen Gelehrten und Männern von Fachwissen Mitarbeiter zu werben, da der persönliche Verkehr die Verständigung außerordentlich erleichert.

Dagegen habe ich mich schon jetzt an eine Anzahl deutscher Gelehrter mit der Bitte gewendet, deren vorbereitete Biographien – welche dem großen Publikum die Männer, welche für seine Aufklärung wirken, in Wort und Bild vorführen werden – mit Autogrammen zu schmücken. Sie werden meiner Absicht gewiß das richtige Verständniß entgegenbringen, wenn || Sie erwägen, wie sehr man sich in weiteren Kreisen für handschriftliche Aussprüche interessirt. Es ist durchaus keine Autographenjägerei dabei, sondern lediglich das Bestreben, der Menge eine Concession zu machen.

Sie würden mich daher sehr verpflichten, wenn Sie die Güte hätten, irgend einen wissenschaftlichen Ausspruch im Umfange von 10–12 Zeilen mir zukommen zu lassen, wofür ich Ihnen, sehr verehrter Herr, im Vorhinein meinen ergebenen Dank ausspreche.

Gleich nach Erscheinen des 1. Heftes sende ich Ihnen dasselbe zu. Es wird unter anderem einen prähistorischen Artikel von Kustos Szombathy, astronomische Photographien von Spitaler (Assistenzen der hiesigen Sternwarte), einen Artikel über Expreßzüge, electrisches Licht auf Leuchthürmen, eine Abhandlung über Geruchsempfindungen, eine solchea über die Auster und viele kleinere Beiträge – alles zusammen ein gutes Orientirungsmittel – enthalten.

In der angenehmen Erwartung, späterhin mit Ihnen, sehr geehrter Herr, || in freundliche Beziehungen zu treten, und im Vorhinein für die Erfüllung der erbetenen Gefälligkeit bestens dankend, zeichne ich

in Hochachtung und Ergebenheit

Baron Schweiger-Lerchenfeld

a eingef.: eine solche

Brief Metadaten

ID
14701
Gattung
Brief ohne Umschlag
Institution von
Der Stein der Weisen (Periodikum)
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Österreich
Entstehungsland zeitgenössisch
Österreich-Ungarn
Datierung
04.02.1888
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,0 x 21,6 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 14701
Zitiervorlage
Schweiger von Lerchenfeld, Amand Freiherr an Haeckel, Ernst; Wien; 04.02.1888; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_14701