Gustav Schwalbe an Ernst Haeckel, Straßburg, 15. Februar 1914
Strassburg 15. Februar
1914
Hochverehrte Excellenz, lieber Herr Kollege!
An dem Tage, an welchem die ganze Welt zu Ihnen aufschaut und Sie preist und ehrt als einen Mann, der in rastloser Arbeit und mit gewaltiger Energie den Weg wissenschaftlicher Erkenntnis frei gemacht hat von der Spreu des Aberglaubens, bitte ich Sie, auch mir ein Plätzchen zu gestatten unter den || Vielen, welche Ihnen Ihre bewundernde Verehrung darbringen. Habe ich doch das Glück gehabt, in den schönen Jahren meiner Jenenser Professoren-Wirksamkeit mit Ihnen näher verkehren zu dürfen, von Ihnen angeregt zu werden zu einer neuen Weltanschauung. Es war dies wohl der entscheidendste Abschnitt in meiner wissenschaftlichen Entwicklung. Erst in späteren Jahren trat dies auch äußerlich in || meinen Arbeiten hervor, die ich nach besten Kräften frei von jedem Vorurteil gestaltete. So gebührt Ihnen denn mein herzlichster aufrichtigster Dank. Es ist mir eine große Freude, Ihnen an dem heutigen Tage, an welchem Sie Ihr achtzigstes Lebensjahr vollenden, diesen Dank ganz besonders auszusprechen und daran zu schließen die allerbesten Wünsche für Ihre Gesundheit. Möge es Ihnen noch lange beschieden sein, in voller || Geistesfrische die von Ihnen angeregte gewaltige Entwicklung der biologischen Wissenschaften zu verfolgen und sich an ihren wachsenden Erfolgen zu erfreuen!
In ganz besonderer Dankbarkeit und herzlichster Verehrung
Ihr
G. Schwalbe