Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Heidelberg, 29. Dezember 1916

Heidelberg, 29.12.1916.

Lieber und hochverehrter Freund!

Welche große Freude und Überraschung brachte uns Dein lieber Brief. Aus Leipzig! Dem Jenaer Haus entflohen und wie ein junger Adler in die Weite geflogen! Das ist ein Jugendstück, das Dir so bald kein 80ger nachmacht und das eine wundervolle Diagnose und Prognose gestattet. Wenn das Knochensystem in einer solchen Verjüngung sich befindet, da steht es um den ganzen Körper und alle seine Leistungen gut.

So gehst Du 1917 mit den schönsten Voraussichten entgegen. Wir Beide wünschen von ganzen Herzen, daß es Dir ein recht glückliches Jahr sein möge! Und wie || glückliche Weihnachtstage hast Du im Kreise Deiner Lieben verlebt, von so viel Verehrung und liebevoller Sorge umgeben! Eine silberne Hochzeit und zu Neujahr eine grünende und blühende Hochzeit. Zu beiden senden meine Frau und ich die innigsten Wünsche. Möge die Ehe der Enkelin das gleiche glückliche Loos ziehen wie die Ehe der Tochter! Schon 25 Jahre, seit Deine Kinder sich fanden und uns alle an ihrem Glücke Teil nehmen ließen. Wir können uns Deine Lisbeth gar nicht anders vorstellen als damals, als ein mit erblicher und unverwelklicher Jugend beglücktes Geschäft. Welche || glücklichen Zeiten waren damals! Denk ich aber Dein, o Jene, fließt mir die Erinnerung Träne. Mir ist mit dem Weggang von Jena das bischen Jugend futsch gegangen. Aber leider ist auch Jena nicht frischer und jugendreicher seitdem geworden.

Millionen und Abermillionen sehnen sich nach dem Frieden, und Millionen hoffen auf ihn. Leider habe ich kein großes Vertrauen auf einen Abschluss des Krieges, der unserer Opfer und Siege wert wäre. Mehr regt sich bei mir die Furcht, daß trotzdem unser gutes Micheltum der infernalischen Schlauheit und Tücke Englands || unterliegen wird. Amerika ist schon seit Langem im Bunde mit England; Wilsons Friedensbotschaft halte ich für ein mit England abgekartetes Manöver. England hat alle Neutralen und namentlich auch seine Alliierten enorm geschwächt und sich gänzlich abhängig gemacht, hat so und so viele Faustpfänder in Frankreich, Italien und Rußland gewonnen, so und so viel neue Inseln besetzt und für Kohlenstationen eingerichtet – es wird aus dem Kriege mächtiger als zuvor hervorgehen. Möchten wir es doch durch unseren U- Boot Krieg auf die Knie zwingen!

Wiederholte herzlichste Wünsche für Dich und uns Alle! Treu und dankbar

Dein M. Fürbringer.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.12.1916
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1409
ID
1409