Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Heidelberg, 26. November 1914

Heidelberg, 26.11.1914.

Lieber und hochverehrter Freund!

Sei für Deine neue reiche Sendung von meiner Frau und mir herzlichst bedankt. Wir haben alles gelesen und sind in immerwährender Bewunderung Deiner Leistungsfähigkeit und Frische. Alles, was Du schreibst, ist schlagend und überzeugend und von der größten Prägnanz. Kein Anderer kann so schreiben. Du hast uns einen großen Genuß und eine wirkliche Erhebung bereitet.

Wir leben nun schon seit vielen Wochen in brennender || Sehnsucht nach recht großen Erfolgen auf dem westlichen Kriegsschauplatz, die uns den Weg nach England ebnen. Ἔσσεται ἦμας, – möchte der Tag der wirklichen Abrechnung mit dem perfiden verächtlichen Volke endlich herankommen! Und möchte diese Abrechnung, so gründlich sein, daß selbst das freche Maul stille steht und nicht mehr lügen kann! Einstweilen haben unsere geliebten überkanaligen und überkanaillösen Vettern schon manche Pille verschlucken müssen, und hoffentlich verrinnt der heilige Krieg und der Burenaufstand nicht im Sande. Jeder Tag vermehrt die Sehnsucht nach großen || bleibenden Erfolgen dieses opferreichen Krieges. In Freundes- und Verwandtenkreisen hat er furchtbar gehaust. Allein in unserer kleinen Universität beklagen 8 Professoren den Tod ihrer Söhne. All dieses Blut darf nicht umsonst geflossen sein. Die verbrecherische englische Bestie muß für alle Zukunft auf den Boden geworfen werden und dann muß beginnen, was Du am Schluß Deiner „Weltkrieg und Naturgeschichte“ so wundervoll ausklingen lässest.

Hoffentlich geht es Dir und Deiner lieben hochverehrten Frau so gut, als es der Geist Deiner Schriften schließen läßt. Und hoffentlich auch allen Deinen Lieben. ||

Dieser Tage starba unser guter alter Freund Gottlieb von Koch an einer Lungen- und Brustfellentzündung. Uns, meiner Frau und mir, geht sein Verlust sehr nahe; wir haben uns in den letzten Jahren öfter gesehen. Er war ein origineller Mensch mit einer Fülle künstlerischer Eigenschaften, dazu von einer Herzensgüte, Schlichtheit und Selbstlosigkeit, wie man sie wenig in der Welt findet. Ave, pia anima!

Wir senden Euch Allen herzlichste Grüße und Wünsche. Mögen recht bald große und entscheidende Siege ihre verjüngende und erhebende Wirkung auf alle ausüben!

In treuer Verehrung

Dein

M. Fürbringer.

a gestr.: ist, eingef.: starb

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
26.11.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1400
ID
1400