Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Heidelberg, 15. Oktober 1902

Heidelberg, 15.10.1902.

Lieber und hochverehrter Freund!

Für Deinen lieben Brief und die gütige Übersendung der neuen Lieferungen der „Kunstformen“, sowie der Broschüre von H. Schmidt spreche ich Dir den herzlichsten Dank aus. Von den Kunstformen gab ich das eine Exemplar an Braus, der Dir noch danken wird; von der Schmidtschen Schrift theilte ich Gegenbaur das für ihn bestimmte Exemplar mit Deinem Grusse mit, worüber er sich ersichtlich freute. Sobald die drängenden geschäftlichen Arbeiten mich etwas aufathmen lassen werden, will ich die Schmidt’sche Abhandlung lesen. Deine Kunstformen hat die ganze Familie mit regstem Interesse und grösster Freude betrachtet; wir bewundern immer und immer wieder die Auswahl, die Ausstattung und Deine grosse Arbeitskraft, die Dir Decennien erhalten bleiben möge. ||

Auch Deine grosse Mobilität haben wir bewundert; schade, dass von den vielen deutschen Städten, die sich Deiner Gegenwart erfreuen durften, Heidelberg ausgenommen war.

Wir sind dieses Jahr in nächster Nähe in Sommerfrische gewesen, in St. Märgen, einem einfachen Schwarzwalddorfe, wo wir uns wegen der ganz primitiven dort herrschenden Verhältnisse sehr wohl und adaequat fühlten. Auch Brausens und Stintzing mit Kindern waren dort und genossen wir die Herrlichkeiten der dortigen Gegend, auf zahlreichen Spaziergängen immer und immer wieder eingeregnet, aber immer fröhlich.

Unsere Familientrauer giebt uns willkommene Gelegenheit, uns dem Gesellschaftstrubel zu entziehen; so wird es einen behaglichen Winter gebena. Daß unser Spitz an einer „Hundeseuche“ plötzlich starb, ist uns nahe gegangen. Wir sind jetzt auf der Suche nach einem Ersatz. ||

Der Tod von Fräulein Dalmer ist uns sehr nahe gegangen. Es ist furchtbar traurig, dass solch unschuldiges Geschöpf die Sünden der Väter und Vorväter in Alkoholices und anderen Dingen so verbüssen muss.

Dass es Deiner lieben Frau wieder nach Wunsch geht, lasen wir mit viel Freude, ebenso wie wir an ihrer vorhergehenden Krankheit innigen Antheil nahmen. Wir wünschen Euch Allen einen in jeder Hinsicht ausgezeichneten Winter. Meyers in Leipzig sind hoffentlich auch wohlauf.

Wir alle senden Euch von Haus zu Haus die herzlichsten Grüsse.

Dein

M. Fürbringer.

Dem Referirabend, der bald tagen wird, meine besten Grüsse und Empfehlungen. Wie ich von Maurer hörte, hat ihn seit meinem Weggange ein unersetzlicher Verlust getroffen: v. Bardeleben’s Entscheiden. Meine nachträgliche Condolenz!

a korr. aus: gegeben

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.10.1902
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1359
ID
1359