Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Jena, 26. April 1901

Heidelberg, 26.4.1901.

Lieber Freund!

Dein Telegramm und Deine Karte hat uns recht bestürzt. Hoffentlich hast Du Deine liebe Frau in keinem sorgenvollen Zustande angetroffen und hoffentlich hat die vorschnelle Unterbrechung Deiner Kur Dir nicht geschadet. Euch Beiden senden wir die herzlichsten Wünsche für Eure Gesundheit.

Wir gingen Abends auf den Bahnhof, um Näheres über Deiner lieben Frau Befinden zu erfahren und Dir auch einiges über Gegenbaur mitzutheilen, trafen aber nur Stahl. Vermuthlich warst Du schon mit einem früheren Zuge durchgefahren.

So möchte ich Dir denn in Ergänzung meines Telegrammes mittheilen, dass Gegenbaur Deiner in wärmster Weise gedachte und dass der Gedanke eines Abbruches einer so langen und innigen Freundschaft ihm nicht nur gänzlich fern lag, sondern einfach unmöglich || schien. Er würde grosse Freude empfunden haben, Dich zu sehen. Nicht verschweigen darf ich, dass ich ihn in mildester Stimmung, aber recht angegriffen vorfand, so dass ich nur kurze Zeit bei ihm blieb, um ihm nicht zu schaden. Hoffentlich kommt bald die Zeit der Erholung und Erfrischung bei ihm. Dass Dir Gegenbaur nicht selbst schrieb, erklärt sich durch sein Befinden. Seit etwa 1 Jahre waren die absolut nöthigen Briefe (für die Maurersche Candidatur) von seiner Tochter geschrieben und wohl Diktate; seit November habe ich aber nichts von ihm Geschriebenes oder Diktiertes mehr gesehen.

Es war mir eine Herzenssache bei Eurer grossen und herrlichen Freundschaft das Meinige beizutragen, dass nicht Krankheit und Alter Missverstände erzeugten, welche einen betrübenden Schluss herbeiführten. Willst Du darum diese gut gemeinten Mittheilungen freundlichst entschuldigen. Die Mittheilungen über Gegenbaurs || Befinden bitte ich als absolut vertraulich zu betrachten.

Der Anfang des Semesters mit seinen durch die neuen Verhältnisse bedingten vielen und mannigfachen Arbeiten nimmt mich ganz in Beschlag. Darum verzeihe bitte diesen kurzen und auch wider Willen etwas verspäteten Brief und nimm zum Anfange des 81. Semesters unsere allerherzlichsten Glückwünsche und Wünsche für Dein und Deiner Lieben Befinden entgegen. Die Tage in Baden in Deiner lieben Gesellschaft waren herrlich und bleiben uns unvergessen.

Dein treu ergebener

M. Fürbringer.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
26.04.1901
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1339
ID
1339