Sokolowsky, Alexander

Alexander Sokolowsky an Ernst Haeckel, Hamburg, 23. Dezember 1915

Hamburg d. 23. Dezember 15.

Hochgeehrter Herr Geheimrat!

Schon lange wollte ich Ihnen einmal wieder schreiben. Am Vorabend von Weihnachten drängt es mich nun, Ihnen hiermit die herzlichsten Weihnachtsgrüsse zu senden. In diesem fürchterlichen Ringen, das zur Zeit die ganze Welt umfangen hält, sehnt sich Jeder, dem es am Herzen liegt, für den Fortschritt und die Veredlung der Menschheit einzutreten, dorthin zu flüchten, wo der Glaube an Allem was hoch und edel ist aufrecht erhalten wird. Wo anders könnte ich im Geiste einkehrhalten, als zu Ihnen. Haben Sie doch uns Allen die Bahnen gewiesen, die zu einer freien Welt- und Lebensauffassung führen. Und so hoffe und glaube ich denn auch bestimmt, dass || sich allem Kriegswahnsinn unserer Feinde zum Trotz aus dem Wirrwar geistigen Tiefstandes eine neue Zeit entfalten wird, die sich auf Vernunft und tiefempfundener Ethik aufbaut.

Wie ich aus den Zeitungen vernahm, haben Sie durch eine neue Schrift gegen diese unheilvollen Zeitverhältnisse Stellung genommen. Ich habe mich darüber so sehr gefreut, dass ich nicht umhin konnte, Ihnen diese Zeilen zu senden.

Hoffentlich befinden Sie sich recht wohl. Beiliegend erlaube ich mir Ihnen einige kleinere Arbeiten zu senden, die Sie gewiss interessieren werden.

Mit den herzlichsten Weihnachtsgrüssen

verbleibe ich Ihr Sie hochverehrender

Schüler

A. Sokolowsky.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
23.12.1915
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 13333
ID
13333