Norderney
29. August 1907.
Hochverehrter Herr Geheimrath!
Nachdem ich mich nun auf Norderney häuslich niedergelassen und in zoologischer Hinsicht etwas umgesehen habe, moechte ich Ihnen über das hiesige Leben und die zoologischen Funde einiges mitteilen und Ihnen zugleich nochmals für die Verleihung des Stipendiums ||
Herzlichen Dank sagen. Ich werde hier nur etwa den dritten Teil des Stipendiums brauchen, denn das Leben ist hier nicht übermaeßig theuer. Ich kann also spaeter noch einmal eine Reise von dem Stipendium machen, das Sie mir vor einigen Jahren freundlicher Weise gegeben haben. ||
Ich habe hier schon vielerlei gefunden, obgleich die Kiste mit den Netzen soeben erst eingetroffen ist. Auf den Buhnen findet man Seesterne (Asterias rubens) in Menge an den Mytilus-Rasen, ferner Aktinien, Tubularia, Sentularia, Carcinus maenas, Cancer pagurus, Pagurus Bernhardus. Im Sande steckt Arenicola in Menge, im Plankton fand ich bis jetzt Pleurobrachen pileus u. Noctiluca. ||
Taeglich finde ich noch etwas Neues, und es macht besonderes Vergnügen sich die Sachen selbst zu suchen. Ich bin bis jetzt immer an den Zoologischen Stationen gewesen, wo man sich Alles zubringen laeßt und daher dieses Vergnügen viel weniger hat.
Mitte September werde ich nach Jena zurückkommen.
Indem ich Ihnen auch einen glücklichen Verlauf Ihrer Ferienreise wünsche, schließe ich mit der Bitte mich Ihrer geehrten Frau Gemahlin zu empfehlen.
Mit größter Hochachtung grüßt Sie
Ihr stets dankbar ergebener
H. E. Ziegler.