Villefranche 28.III 1902
Geehrtester Herr Professor!
Da ich nun etwa 10 Tage hier bin, will ich Ihnen nun einmal ein wenig mittheilen, wie ich hier die Verhaeltnisse gefunden habe. Dr. Davidoff hat mich sehr freundlich aufgenommen und mir gerathen mich in Villefranche in dem Hotel de l’Univers einzulogieren und Pension zua nehmen, was ich auch gethan habe. ||
Es arbeiten noch mehrere Deutsche hier, welche meist auch in dem genannten Hotel wohnen. Aus München ist ein Prof. extraord. der pathologischen Anatomie da, Namens Schmauss, aus Leipzig zwei Studenten, aus Wien zwei Studenten, aus Heidelberg vier Studenten, aus Russland ein Privatdocent aus Moskau Namens Koltzoff und drei juengere Leute, aus Belgien kam vorgestern Prof. Francotte || mit seiner Frau.
Gestern war die ganze Gesellschaft in Monaco um das Schiff des Fürsten von Monaco anzusehen, welches fuer Tiefseeforschungen eingerichtet ist und auch zwei kleine Laboratorien enthaelt. Auch die Einrichtungen zum Walfischfang sind vorhanden. Der Fuerst gibt Publicationen im Quartformat heraus, b systematische und faunistische Arbeiten mit schoenen Tafeln. Das neuste davon ist ein Band || mit Tiefsee-Holothurien.
Die ersten Tage dieser Woche waren stürmisch und wurde fast Nichts gefangen. Aber heute war der c Fang wieder schoen, hübsche Medusen (Carmarina hastata und Solmissus albescens) und praechtige Siphonophoren.
Neulich waren auch sehr schoene Kettensalpen und Pyrosomen da. So sehe ich hier – abgesehen von meinen eigenen Arbeiten – recht viel Neues, und bin Ihnen dankbar, daß Sie mir den schoenen Aufenthalt hier ermoeglicht haben. An Herrn Dr. von Ritter werde ich gegen das Ende der Zeit einmal schreiben. Es waere sehr schoen, wenn Sie Ihren Plan hierherzukommen bald ausführen wuerden. Dies würde sehr freuen Ihren hochachtungsvoll ergebenen
H. E. Ziegler.
a eingef.: zu; b gestr.: Sy; c gestr. Auft