Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Villars sur Ollon, 6. August 1894
Villars sur Ollon
6.8.1894
Lieber und hochverehrter Freund!
Beiliegender Brief Semon’s, den ich heute via Jena erhielt, giebt Dir nähere Aufklärungen darüber, dass sich der Name des Consul Galli nicht in der Liste findet. Sein Name ist also weggelassen worden, weil wir glaubten, damit seinen Wünschen und Interessen als Kaiserl. Beamter zu entsprechen. Das Comité hat ihn nun doch leider nicht recht verstanden, indem er, wenn ich jetzt recht verstehe, nicht in die erste aber wohl in die zweite Liste kommen wollte. Semon’s Brief ist hoffentlich genug Entschuldigung; andernfalls bin ich gern bereit, auch meinerseits noch an ihn zu schreiben und bitte um Deinen bezüglichen Rath.
Hoffentlich hat sich das Befinden Deiner lieben Frau wieder nach Wünschen gestaltet, hoffentlich bringt eine Postkarte von Dir recht gute Nachrichten.
Villars liegt sehr schön. Prächtiger Wiesengrund mit alten Tannen, wunder|volle Blicke in die Rhonebene, auf die Montblankgruppe [!] , Dent du Midi und Grand Mouveran.
Mit herzlichen Grüssen und Wünschen von uns Allen.
Dein treu ergebener M. Fürbringer.a
[Beilage]
Richard Semon an Max Fürbringer, Kahlberg bei Elbing, 2. August 1894
2. August 94
Villa Aschenheim
Kahlberg bei Elbing.
Sehr geehrter Herr Professor.
Consul Gallis Geld istb (100 M.) ist von mir richtig in Empfang genommen und verrechnet worden. Sein Name befand sich in Folge dessen zuerst auf beiden Listen. Da uns nun ein Comitémitglied (ich glaube es war Walther) mitteilte, Herr Galli habe den Wunsch ausgesprochen, sich zwar an der Sammlung zu beteiligen, seine amtliche Stellung als K. Deutscher Consul verbiete es ihm aber, öffentlich hervorzutreten, so wurde sein Name aus beiden Listen entfernt. Ich kenne nicht den Wortlaut von Consul Galli’s Kundgebung an das betreffende Comitémitglied; möglicherweise war die Ausdrucksweise eine missverständliche. || Jedenfalls trifft da weder Sie noch mich irgendwelche Schuld. Überhaupt sind die Unterscheidungen, die der Herr Consul macht, etwas zu subtil für nicht beamtete Gehirne.
Ich habe ihm soeben einen längeren aufklärenden Brief geschrieben und ihm im Namen des Comités wegen des Missverständnisses höflichst um Entschuldigung gebeten. Mehr kann er doch nicht verlangen.
Mit geht es hier recht gut. Während Sie von Regen berichten, haben wir hier fortgesetzt das herrlichste Wetter und keinen Tropfen Regen. c Abgesehen von demd täglichen Seebade und einem abendlichen Spaziergange ist meine ganze Zeit von der Niederschrift der Embryonalhüllenabhandlung ausgefüllt. Von dem schönen Verlauf des Festes der Brunnenenthüllung || habe ich in meinem Leibblatt, der Jenaischen Zeitung gelesen.
Aus Ihrer Absicht, schon am Freitag Jena zu verlassen, entnehme ich, dass es Ihrem Jungen gut geht. Hoffentlich haben Sie nunmehr recht ungestörte, genussreiche Ferien. Empfehlen Sie mich bitte Ihrer Frau Gemahlin und grüssen Sie Frl. Liesbeth und Karl bestens von mir.
Mit herzlichen Grüssen für Sie
Ihr sehr ergebener
Richard Semon.
a Text weiter am linken Rand von S. 4: volle Blicke … M. Fürbringer.; b gestr.: ist; c gestr.: Abgesehen dem; d eingef.: Abgesehen von dem