Heinrich Ernst Ziegler an Ernst Haeckel, Freiburg im Breisgau, 6. Februar 1895

Geehrtester Herr Professor!

Herzlichen Dank fuer die freundliche Zusendung Ihrer neuesten Schrift! Ein treffendes Wort zur rechten Zeit! Sie haben mit kraeftiger Hand die traurige Situation gezeichnet: Das Centrum ist die entscheidende Partei und sucht seine guenstige Stellung nach allen Richtungen auszunutzen; so sollen auch bei gebotener Gelegenheit der Naturwissenschaft die Fluegel beschnitten || werden. Daher wiederholen die Ultramontanen unaufhoerlich die Behauptung, daß die Naturwissenschaft der Socialdemokratie zur Stuetze diene, obgleich die Naturforscher schon oft gesagt haben, daß dies nicht richtig ist. In der That sind es in unserer Zeit nicht die Naturforscher, sondern mache Nationaloekonomen, welche der Socialdemokratie moralische Unterstützung bieten. Ich halte die Socialdemokratie Bebel’scher Richtung, welche || der Lehre von Marx zugeschworen hat, fuer ebenso dogmatisch-doctrinaer wie den Ultramomtanismus. Ich glaube nicht, daß diese Partei im Stande ist, uns die nothwendigen socialen Reformen zu bringen, und befuerchte sehr, daß sie durch Verhetzung der Arbeiterschaft unsere Industrie schaedigt, auf welcher ja der Wohlstand der Nation beruht. Ich freue mich daher, daß Sie sich am Schlusse || Ihrer Schrift auch wieder gegen die utopischen Ziele der a Socialdemokratie gewendet haben.

Nochmals herzlich dankend

mit groeßter Hochachtung

Ihr ergebener

Heinrich Ernst Ziegler

Freiburg i. B. Hermannstr. 21

6. Februar 1895.

a gestr.: jetzigen

Brief Metadaten

ID
12888
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutschland
Datierung
06.02.1895
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
11,4 x 17,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12888
Zitiervorlage
Ziegler, Heinrich Ernst an Haeckel, Ernst; Freiburg im Breisgau; 06.02.1895; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_12888