Lieber Haeckel!
Wenn die Erndte fertig und alle Getreidefrüchte in Sicherheit sind – dann ist Erndtefest. Ich sagte Ihnen das schon neulich und Sie machten mir Aussicht, daß dies vielleicht im Stande wäre, auch Ihre leistungs-fähige Seele mobil zu machen. Die Erlaubniß von Ihrer Fräulein Braut, ohne welche Dergleichen natürlich Hochverrat wäre, haben Sie auch, wie ich mit eigenen Ohren gehört habe. So mache ich mir dann die fröhliche Aussicht, Sie am nächsten Sonnabend 18 August in Brunow zu sehen und Sie werden von meinen Eltern ebenso wie von mir erwartet. Der Festzug, d. h. die feierliche Einleitung des lustigen Festes, ist um 3 Uhr Nachmittags u. es wäre daher wünschenswerth, daß Sie vorher schon kömmen, ebenso wie ich rechne, um 2 Uhr von Berlin aus einzutreffen mit unsern übrigen Größen. Auf gutes Wetter dürfen Sie rechnen, wenigstens hat uns dies erst in äußerst seltenena Fällen verlassen. Am Sonntag sehen wir uns dann die Landschaften über u. unter dem Spiegel unsrer Seen an, denke ich. || Ich bin ordentlich selbstzufrieden, Ihrem Wunsche oder, was natürlich dasselbe sagt, Ihrem Befehl auch in Betreff derb frühzeitigen Ankündigung nachkommen zu können. Wollten Sie gar noch Antwort schreiben, so haben Sie c noch Zeit genug. Offen gestanden würde mich aber eine mündliche Antwort in Brunow mehr erfreuen, als ein vielleicht jetzt wie in Zukunft noch so schätzbares Autograph, dessen Zweck nur ein verneinender sein könnte.
Bereichern Sie also Ihre Kenntniß von der Natur u. den Sitten des Märkischen Landes, wenn es auch nicht sogleich Stoff zu geographischen Schilderungen mehr abgeben wird.
In der fröhlichen Hoffnung, Sie in Brunow zu sehen u. mit der Bitte, mich Ihrem Herrn Bruder nebst Frau Gemahlin zu empfehlen, grüß Sie freundlich
Ihr
Wilhelm Zenker.
Berlin, Charlottenstraße 74.
Mittwoch. Abend. 15 August 60.
a korr. aus: selltenen; b korr. aus: des; c gestr.: bis