Strasburger, Eduard

Eduard Strasburger an Ernst Haeckel, Bonn, 23. Februar 1882

Bonn d 23/11 82

Lieber Freund,

die Vorschläge unserer mathematisch-naturwissenschaftlichen Section sind ganz nach diesem Sinne ausgefallen: Schulze, Weismann, Hertwig. Ich theile Dir das ganz im Vertrauen mit und bitte Dich es geheim zu halten. Wir hätten Dich primo loco vorgeschlagen, hätten wir hoffen können Dich zu bekommen. Die Majorität war Dir im letzten Falle sicher; – so aber bestand für uns in der That das sehr wichtige Bedenken, dass nach Deiner und eventuell auch Schulzes und Weismann’s Ablehnung nur ein beliebiger Berliner zugesandt || worden wäre. Ueber die Dreizahl vorzuschlagen ist hier aber nicht Sitte und würde sich das Ministerium an einen vierten Candidaten nicht gebunden halten. Nach Deinem letzten Briefe konnte mir aber in der That keinerlei Illusion über Deinen eventuellen Entschluss bleiben. Der Augenblick war für uns so ungünstig wie möglich; es war mir von vorn herein klar, dass Du Jena nicht verlassen würdest jetzt wo die weimarische Regierung Dich durch Gewährung des Instituts und eines längeren Urlaubs von Neuem verpflichtet hat. Dieses Gefühl wird Dich wohl auch zum Ankauf eines Grundstückes und den Bau || eines eigenen Hauses mit dem Du so lange zögertest, veranlasst haben. Vor zwei Jahren als ich Jena verliess, wäre Deine Stimmung für uns günstiger gewesen. Ob zu Deinem Glück? Offen gestanden ich bezweifle es. So wie ich Dich kenne, würdest Du in die hiesigen Verhältnisse nicht passen. – Es würde Dich übrigens, wie ich glaube, freuen, die zahlreichen Briefe zu sehen die an meine Collegen und mich in dieser Berufungsangelegenheit eingelaufen sind. Du hast Dich wiederholt gegen mich dahin geäussert, dass Deine zoologischen Collegen sehr wenig Wohlwollen für Dich hätten. Das Gegentheil geht aus || unseren Briefen hervor. Kaum einer der Dich nicht in erster Linie genannt hätte und für den befähigsten unter allen jetzt lebenden Zoologen erklärt. Weisst Du aber wer Dir das grösste Lob zu Theil werden liess? Leuckart. Sein Brief ist überhaupt so anständig verfasst, dass ich fast glauben möchte Du hättest ihn allzu scharf beurtheilt.

Leider ist meine Frau nicht ganz wohl und das macht mir Sorgen. Sie hat die sog. Basedow’sche Krankheit, wenn auch in milderer Form, bekommen. Sie wird mit Electricität behandelt, doch, selbst im günstigsten Falle, ist auf eine rasche Genesung nicht zu hoffen.

Wir senden Beide, Deiner Frau und Dir die besten Grüsse.

Ich drücke Dir die Hand in alter Freundschaft

Dein E. Strasburger

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
23.11.1882
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12737
ID
12737