Strasburger, Eduard

Eduard Strasburger an Ernst Haeckel, Warschau, 23. Januar 1868

Warschau d. 23/1 1868.

Lieber Freund und College!

Es sind fast acht Tage verflossen seit ich Ihren lieben Brief empfangen habe, ich hätte auf denselben sogleich antworten und mich bedanken mögen, für alle die Beweise herzlicher Freundschaft welche dieser Brief wiederum enthält, – doch es galt nunmehr Ihnen auch etwas positives über meine neusten Entschlüsse mitzutheilen, ja wo möglich schon Ihnen das Termin meiner Ankunft in Jena anzuzeigen; nun dies konnte bis auf den letzten Tag noch nicht geschehen, denn || erst vor weniger Stunden habe ich von Curator hiesiger Hochschule eine entscheidende Antwort erhalten. Jetzt steht meiner Reise weiter keine Schwierigkeit entgegen und ich hoffe denn schon in wenigen Wochen Warschau zu verlassen und wenn alles nach wünschen geht, schon gegen Ende Februar Ihnen in Jena die Hand zu drücken. Was die Wohnung anbetrifft über die Sie mir so freundschaftlich berichten, so wird sie mir ohne Zweifel zusagen, ja ich erinnere mich noch mit Freunden der schönen Aussicht die man von dorten geniesst, über eins || bin ich aber noch mit mir selbst nicht einig und werde mich wohl erst an Ort und Stelle endgültig entscheiden können, ob ich nämlich zunächsta eine möblirte Wohnung besitzen soll, oder mir sogleich eigne Möbel anschaffen. Ich weiss mich nicht zu besinnen, ob die Wohnung in der böhmischen Ziegelei möblirt ist und möchte wissen ob sie gegebenen Falls auch ohne Möbel zu vermiethen wäre; das zweite wäre mir möglicherweise lieber und ich gedenke sogar einige meiner Sachen von hier mitzunehmen. Jedenfalls bitte ich Sie die Wohnung im Auge zu behalten und hoffe ich noch zeitig genug nach Jena zu kommen um sie imb gegebenen Falle zu behalten. Fast gleichzeitig mit Ihrem werthen Briefe || habe ich auch wieder einen Brief vom Curator empfangen, er bittet mich unter Anderem ihmc mitzutheilen, was ich im nächsten Semester vorzutragen gedenked, um dies wo möglich noch in den bevorstehenden Lectionscatalog aufzunehmen; und ich denke ich bleibe beim alten Brauche und lese 1o privatim Allgemeine Botanik 5 mal wöchentlich von 9–10 Uhr, e leite ausserdem 2o privatim, einen practischen Cursus mit Uebungen im Phytophysiologischen Institute 2 mal wöchentlich je 2 Stunden, und 3o privatissime et gratis, selbstständige Arbeiten im phytophysiologischen Institute täglich in den vormittagsstunden. – In diesem Sinne denke ich auch an den Curator zu schreiben, falls Sie jedoch glauben dass an dieser Bekanntmachung etwas zu ändern sei, so wollen Sie es mir freundlichst und zwar sobald als möglich noch wissen lassen. – Und nun bleibt mir nichts übrig als mich der frohen Hoffnung hinzugeben, Ihnen alsbald die Hand drücken zu dürfen, und Ihnen persönlich zu danken für alle die Liebef und Freundschaft die Sie mir bezeigen. In alter Treue, Ihnen von Herzen ergeben

E. Strasburger

a eingef. mit Einfügungszeichen: zunächst; b eingef. mit Einfügungszeichen: im; c korr. aus: Ihm; d korr. aus: gedänke; e gestr.: 2o privatim; f korr. aus: Lieber

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
23.01.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12711
ID
12711