Treub, Melchior

Melchior Treub an Ernst Haeckel, Buitenzorg, 23. Mai 1900

Buitenzorg 23 Mai 1900.

Hochgeehrter Herr College,

Vor ein Paar Stunden erhielt ich die ueberaus freudige Nachricht, dass Sie beabsichtigen nächstens nach Buitenzorg zu kommen, und ich beeile mich Ihre verehrte Zuschrift sofort zu beantworten.

Ungemein froh, dass Sie uns hier besuchen werden, rechne ich fest darauf Sie während Ihres Aufenthaltes in Buitenzorg, als Gast in meiner Wohnung aufnehmen zu dürfen. Seit ich in meiner neuen Wohnung bin – die unser Freund Stahl noch nicht kennt – habe ich Gelegenheit zwei Gäste zu empfangen, es ist also wie ich annehmen darf selbstverständlich, dass Sie, hochverehrter Herr, eines dieser Gast-Quartiere beziehen.

Ihre mir vorgelegte 4 Fragen wären folgenderweise zu beantworten:

I. Ich beabsichtige in der ersten Zeit nicht zu reisen und werde gewiss von August bis März in Buitenzorg sein, also bei ihrer Ankunft, sei es im September oder Oktober, bin ich sicher hier. Ich brauche wohl nicht hinzu zu fügen, dass Sie eine wie ich hoffe brauchbare Arbeitsgelegenheit bereit finden werden; ich werde es so einrichten, dass ein specielles Arbeitszimmer zu Ihrer Verfügung steht. Natürlich werden Sie auch Tjibodas parat finden, Sie – sei es auch in einfacher Weise – zu empfangen.

II. Persönliche Erfahrung über den Zustand des Indischen Oceans im September habe ich nicht, aber ich glaube kaum dass es eine genügende Veranlassung gebe, wenn die Reise in dieser Zeit anderswo gut passt, dieselbe nicht zu unternehmen. Höchstens könnte man zwischen Gardafui und Colombo eine etwas hohe See haben (ohne jegliche Gefahr), aber damit hätte die Sache jedenfalls auch ihr Bewenden.|

III. Es gibt drei gute Maniere um von Singapore nach Batavia zu kommen. Erstens hat man, dann und wann, Gelegenheit mit ein Lloyd-Dampfer, der nach Deutsch Neu Guinea geht, weiter zu fahren; diesen Anschluss hat man jedoch nur etwa alle 6 Wochen. Zweitens gibt es alle 14 Tage ein directes Schiff der „Messageries Maritimes“. Drittens hat die hiesige Gesellschaft „Koninklyke Paketvaart“ jede Woche gute Verbindung zwischen Singapore und Batavia und zwar in Post-Anschluss mit den Dampfern des Norddeutschen Lloyd. Weiter gibt es noch Chinesische Schiffe, die jedoch nicht empfehlenswerth sind. Also Reisegelegenheit genug. Wenn ich genau weiss wann Sie kommen, und das schreiben Sie mir wohl noch, a werde ich bei Ihrer Ankunft in Tandjok Priok (der Hafen von Batavia) sein.

IV. Schicken Sie alle Ihre wissenschaftliche Bagage, Mikroskope, Instrumente u. s. w. an meine Adresse ab und zwar folgender Weise: „Directeur vans Lands Plantentuin, Buitenzorg, via Batavia“; damit vorkommen Sie alle eventuelle Schererei mit der Douane, da alles an meiner officiellen Adresse frei und ungeöffnet eingeführt wird. Was man für die Laboratoriumsarbeiten braucht steht hier stets den Besuchern zur Verfügung, nur größere Quantitäten Alcohol und Präparatengläser für Sammlungen sind aus Europa mitzunehmen resp. (was einfacher ist) voraus zu schicken; auch das an der nämlichen Adresse da auch Alcohol dann ganz zollfrei ist. Man kann hier weder guten Alcohol noch Präparatengläser in genügender Zahl bekommen.

Wenn eventuell von Ihren Schülern oder andere wissenschaftliche Reisegefährten mitkommen so kann ich auch diesen Herren gute Arbeitsgelegenheit verschaffen, wenn ich es nur zeitig weiss. Wir haben hier jetzt zwar viel Platz aber es ist immerhin mehr im Interesse der Kommenden wenn die hier einen Arbeitstisch schon reservirt finden.|

Da die Zeit zum eigentlichen Briefwechsel knapp bemessen ist, so möchte ich schließlich noch folgendes hinzufügen, nämlich: ich nehme an dass Sie darauf rechnen: ich stehe in jeder Beziehung ganz und gar zu Ihrer Verfügung.

Mit der wiederholten Versicherung meiner groszen Freude ueber die Nachricht die mir Ihr Brief gebracht, bleibe ich

in aufrichtigster Hochachtung,

Ihr ganz ergebener

Treub

Ich vergass noch freundlichst zu danken für die mir geschickte Biographie. Nehmen Sie es mir weiter nicht uebel, dass ich mit der Machine sogar meine Privatcorrespondenz besorge; ich muss es thun auch im Interesse meiner Correspondenten, da ich zu undeutlich schreibe.

Es stellt sich heraus, dass ich noch etwas vergessen habe, nämlich Ihnen den Rath zu geben sich mit einer speciellen Empfehlung vom Groszherzog für den General-Gouverneur zu versehen. Gewöhnliche Empfehlungen sind hier Heut zu Tag überflüssig, aber etwas ganz Specielles, wie Sie es gewiss leicht bekommen können, kann für das Reisen hier von Werth sein.

a gestr.: dann

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
23.05.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 11574
ID
11574