Melchior Treub an Ernst Haeckel, Buitenzorg, 10. April 1906
Buitenzorg, 10 April 1906
Hoch verehrter Herr College
Ich weiss wirklich nicht wie ich meinen grossen Dank aus zu sprechen habe, für alle schöne Gaben, die Sie mir wieder in den letzten Monaten gespendet.
Die Lebenswunder, der Kampf und den Entwickelungsgedanken, die Prinzipien der generellen Morphologie, und die Naturwunder der Tropenwelt! Fortwährend muss ich staunen ueber Ihre Arbeitskraft, Lebensfreude und ungemeine stets jung bleibende Energie.
Ich brauche wohl kaum zu sagen, dass ich die Tropenbilder mit viel Freude wiederholt geschaut habe, die Mehrzahl der Originale sind mir ja zudem weniger bekannt.
Die Ceylonesischen Bilder haben manche Erinnerungen an meiner Reise in Ceylon vor etwa 10 Jahren || wieder wachgerufen. Und wie oft habe ich jetzt wieder gedacht an die schöne Zeit Ihres Aufenthaltes hier, als Sie den geliebten Salak von verschiedenen Seiten malten. Diesen schönen Berg in Ihren Bildern würdig representirt zu sehen war mir in der That eine ungemeine Freude.
Schon längst hatte ich die Absicht Sie zu schreiben, aber immer ist es wieder aufgeschoben, wegen Mangel an Zeit. Es gibt in meiner jetzigen Stellung so viel zu leiten und zu orgnisiren und so mancherlei ausführlich dokumentirte Vorschläge zu machen, dass eigentlich kaum Zeit für Correspondenz mehr übrig bleibt, um so mehr, da ich doch noch fortgehe, so viel nur einigermaszen möglich, wenigstens etwas wissenschaftlich zu arbeiten.
Bis vor Kurzem war hier Engler aus Berlin als Besucher; jetzt arbeiten noch im „Fremden-laborato-||rium“ Prof. Campbell, Botaniker der Stanford-University in California, Prof. Ernst aus Zürich, Dr Pulle, ein junger Botaniker aus Utrecht, und nächstens kommen noch ein Paar Russische Naturforscher.
In den ersten 4 Jahren werde ich wohl noch nicht nach Europa zurückkommen, wenn es so weit kommt, dann komme ich Sie selbstverständlich in Jena besuchen.
Nochmals herzlich dankend und
Hochachtungsvollst
Ihr
dankbar ergebener
Treub