Treub, Melchior

Melchior Treub an Ernst Haeckel, Buitenzorg, 14. August 1901

Buitenzorg 14 August 1901.

Hoch verehrter Herr College,

Es hat mich ausserordentlich gefreut aus Ihrer letzten Zuschrift zu vernehmen, dass Sie endlich wieder ganz hergestellt sind. Es hat jedoch lange gedauert bevor die vollständige Heilung eintrat.

Jammerschade ist es dass Sie auf diese Weise verhältnissmässig wenig Erfolg von Ihrer Sumatra-Reise gehabt haben. Glücklicherweise haben Sie dank Herrn Delprat’s Beihülfe doch noch etwas interessantes sehen können.

Schon längst hatte ich die Absicht zu schreiben, in erster Linie um herzlichst zu danken für die Uebersendung Ihrer Reisebriefe, deren Lecture mir sehr viel Freude bereitet hat. Nichtsdestoweniger kann ich nicht umhin zu sagen dass ich eins daran aus zu stellen habe, nämlich dass Sie viel zu viel Gutes von meiner Person gesagt haben.

Es ist meinerseits nicht sehr glänzend gegangen in der ersten Zeit nach Ihrer Abreise. Wie Sie sich vielleicht erinnern, fühlte ich mich damals in Tjibodas schon unwohl. Es stellte sich später heraus dass es nur der Anfang war einer Krankheit wofür die Aerzte mich mit Urlaub nach Europa schicken wollten. Das passte jedoch so wenig mit meinen Plänen, dass ich erst habe versuchen wollen in wie weit es möglich war hier wieder auf den Damm zu kommen, was mir schliesslich auch gelungen ist. Unsere Kolonial-Aerzte sind immer sehr rasch dabei einen fort zu schicken; wenn man jedoch so lange die Tropen bewohnt wie ich, dann kennt man diese Eigenthümlichkeit || und weiß auch einigermassen was man hier noch aushalten kann.

Ich fühle mich so viel besser, dass ich die Absicht habe nächstens eine längere Reise ueber Java anzutreten, zur Inspection unserer verschiedenen Demonstrationsfelder. Weiter habe ich auch eine Reise nach Calcutta geplant, wo ich das Museum für „Economic Botany“ mir ansehen möchte. So etwas fehlt uns hier nämlich noch in Buitenzorg, und ich habe selbstverständlich die Absicht diese Lücke aus zu füllen, wenn sich die Gelegenheit dar thut. Bevor ich jedoch in dieser Richtung Pläne machen kann muss ich erst sehen wie und was man anderswo gemacht hat.

Neulich habe ich der Kolonial-Regierung einen Plan eingereicht für eine im Versuchsgarten zu Tjikeumeuh zu errichtende ziemlich große Landbauschule, als Untertheil unseres Instituts. Muthmasslich kommt nächstens auch eine Separat-Versuchsstation für Theecultur hinzu; wir haben zwar schon längst allerhand Untersuchungen auch für diese Cultur angestellt, das war jedoch nicht so ausführlich dass wir dazu eine spezielle Abtheilung brauchten; so eine neue Abtheilung wird nun wahrscheinlich nächstens gegründet werden. Wie sie sehen wird hier noch nicht still gestanden; wenn es auch so weit kommt dann wird es ein Beweis sein, dass ich für meinen Posten nicht mehr tauge, und dann lege ich mein Kommando des Bogor-Schiffes nieder.

Wir haben wieder neue Besucher bekommen in der letzten Zeit: ein Russe, ein Holländer und ein Belgier, der französische Kolonialarzt bleibt noch ein halbes Jahr hier arbeiten und nächstens kommen noch zwei deutsche Naturforscher vielleicht noch andere wissenschaftliche Besucher so dass es wieder ein reges wissenschaftliches Leben geben wird.

Ich hoffe nicht allzu unbescheiden zu sein wenn ich so viel von Buitenzorg und von meinen Plänen und Beschäftigungen spreche; ich nehme || jedoch an dass Sie, nachdem sie ja alles genau haben kennen gelernt, die Mittheilung dieser lokalen Details nicht uebel nehmen werden.

Sie erinnern sich mein Pferd womit wir so manche angenehme Spazierfahrt gemacht haben? Nun, ich habe das schöne und gute Thier vorgestern todt schießen lassen müssen. Es hatte sich verwundet und in Folge dessen eine Gelenkentzündung bekommen die ihrerseits zu Septicemie Veranlassung gegeben hat; das Leiden des armen Thieres würde so geworden sein dass der Thierartzt mir empfohlen hat das Pferd lieber zu tödten. Der Verlust ist mir sehr unangenehm da ich nicht leicht ein so gutes Thier wieder bekommen kann.

Dr. Konigsberger ist seit einer Woche in seinem neuen Gebäude wo auch jetzt schon drei Arbeitstische stehen speciell reservirt für künftige zoologische Besucher. Also schicken Sie uns nur welche; die Herren werden eine gute Aufnahme finden.

Wahrscheinlich komme ich Juni 1902 nach Europa wiewohl ich natürlich noch nichts Festes habe bestimmen können, um so mehr da ich noch nicht weiss ob die Kolonial-Regierung auf den Vorschlag eingehen wird. Wenn ich komme, dann werde ich selbstverständlich nicht verfehlen Sie zu besuchen.

Mich unterdessen wieder bestens empfehlen, verbleibe ich herzlich und verbindlichst grüßend

Hochachtungsvollst

Ihr ganz ergebener

Treub

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.08.1901
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 11562
ID
11562