Ernst Klotz an Ernst Haeckel, Leipzig, 9. Juni [1908]

Leipzig, 9. Juni

Hochgeehrter Herr Professor!

Sie hatten die besondere Freundlichkeit mich um Weihnachten vorigen Jahres zu erfreuen: durch die gütige Übersendung samt eines anerkennenden und anspornenden Wortes.

Den Dank dafür habe ich leider aufgeschoben –: von Weihnachten bis Ostern, von Ostern bis Pfingsten; heute endlich: Haben Sie Dank!

Ihr Bildnis – eina groß erfasstes Marmorbildnis Ihre Züge darstellend – sah ich vor einigen Wochen auf der Dresdner Kunstausstellung – erinnerte mich wieder an einen älteren Plan –: Die Bildnisse derjenigen Forscher, welche den Homo auf die Erde – als seine Heimat – verwiesen, einmal in guten, radierten Blättern zu vereinigen – zu einem monumentalen Bildniswerk. Eines der Exemplare möge dereinst auf einem Quader in Ihrem Phylogenetischen Museum niederzulegen erlaubt sein. –b ||

Mit Aristoteles wäre zu beginnen und die Rafaelsche Freske mit Platon und Aristoteles in der Mitte – Aristoteles mit jener erdenwärts weisenden Geste – würde als Evokation vorangestellt.

So diente die vatikanische Kunst dem Geiste der Forschung; sie wurde ehedem geschaffen dem Glauben zu dienen.

Ich gedenke die Sache demnächst mit zu realisieren und mit einigen Bildnissen zu beginnen.

Beifolgend möchte ich mir erlauben Ihnen zeigen zu dürfen, wie ich die Kupferplatte für solche Zwecke behandle. Es ist ein älteres Blatt (1895 entstanden und jetzt selten geworden). Da es ein Selbstbildnis ist, fügt es sich günstig es Ihnen, verehrter Herr Professor, mit Ihrer gütigen Erlaubnis und als eine ergebenste Erwiderung Ihres || Bildnisses, verehrend einsenden zu können. Vielleicht vermag es Sie ein wenig künstlerisch zu interessieren und vielleicht hätten Sie die weitere Liebenswürdigkeit die vorhandenen Bildnisse Ihres Freundes Gegenbaur zu sichten und mir zwecks Nachbildung ein solches – das von Ihnen als das beste erkannte – leihweise verfügbar zu machen? Ferner vielleicht eine größere Photographie nach Ihrem Kopfe zu entnehmen, mir zu erlauben und – später – 1–2 mal zur Kupferplatte je ¼ Stündchen zu sitzen? – Wahrhaftig: keine länger währende Qual – käme in Frage.

Es würden im Ganzen etwa 30 Forscherbildnisse.

Hylobates habe ich nachgedacht. Auch diese Species wird nach neueren ontogenetischen Feststellungen, die mir reiften, mit umspannt. –

Nach Aufstellung Ihrer großen phylogenetischen Sammlungen gedenke ich – bald nach der Jubelfeier vielleicht – diese längere Zeit studieren zu dürfen und so in Jena meine naturwissenschaftlichen Studien etwas sicherer zu gründen und auszubauen. – Um jene Zeit wäre vielleicht Gelegenheit zu einer photographischen Bildnisaufnahme? –

In verehrungsvoller Hochachtung

sehr ergebenst

Ernst Klotz.

Herrn

Prof. Dr. Ernst von Haeckel,

Excellenz

in Jena.

a korr. aus: eine; b eingef. mit Verweiszeichen: „Eines der […] erlaubt sein. –“

Brief Metadaten

ID
11261
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deustches Reich
Zielort
Zielland
Deutschland
Datierung
09.06.1908
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
18,6 x 23,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 11261
Zitiervorlage
Klotz, Ernst an Haeckel, Ernst; Leipzig; 09.06.1908; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_11261