Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Heidelberg, 23. Dezember 1913

Heidelberg, 23. 12. 1913

Lieber und hochverehrter Freund!

Dein lieber Brief brachte mir eine sehr große Freude und am liebsten hätte ich ihn sofort beantwortet, wenn nicht eine dunkle Fieberattacke das unmöglich gemacht hätte. Auch jetzt bin ich noch nicht frei und muß um Nachsicht bitten.

Leider war die Freude keine ungemischte. Dein und Deiner lieben Frau Befinden machen uns Sorgen, und wir senden Euch die herzlichsten Wünsche. Möge das kommende Jahr sich freundlicher gestalten!

Und trotz alledem erweckt mir auch dieser Brief von Dir die Überzeugung, daß im Besten das Alter keine Macht über Dich hat; jedenfalls bist Du an Lebenskraft und Lebensfrische jünger geblieben als ich. Das für meine Arbeiten so hoffnungsvoll begonnene Jahr 1913 ist sehr bald in trostlosen Streitigkeiten mit dem neuen Verlage Wilhelm Engelmann zerronnen. Die beiden jungen Chefs, namentlich der in Berlin wohnende, sind ganz moderne, nach meinen alten Begriffen || unglaubliche Leute; einige Male standen wir nach vor dem Prozesse, und nur der Intelligenz und vornehmen Gesinnung meines Rechtsanwaltes, den ich notwendig nehmen mußte, habe ich zu danken, daß nun endlich die Bahn für Weiterarbeiten frei zu liegen scheint. Zuvor aber bedarf es noch gründlicher Flickarbeit am eigenen Körper.

An Deinen Bekümmernissen über Deinen Amtsnachfolger und so manchen Deiner Schüler nehme ich herzlichen Anteil. Vielfach mußte ich an Gegenbaur denken, der mir oft versicherte, wie sehr er sich auf seinen Tod freue, da dieser den Abschied von dieser miserablen Welt bedeute. Schließlich wird aber doch aus dem momentanen Auf und Nieder nur das Große übrig bleiben und die Zukunft behaupten. Daß Dir und Deiner Lehre die Zukunft angehört, weißt Du.

Vielen Dank für den monistischen Taschenkalender 1914 mit Deinem Bilde, den ich mit Interesse und Vergnügen eingesehen. ||

Das die zoologischen Forschungsreisen solch glücklichen Abschluß genommen haben, ist mir wie Dir und Semon eine herzliche Freude, und ich danke Dir innig für Deine von Anfang an bis zum Ende und auch jetzt so wundervoll bewiesene Anteilnahme daran. Und die an Semon’s Material unternommenen Untersuchungen gehen weiter und lassen noch Gutes erwarten! Der Fischer’sche Verlag hat sich hier wirklich groß erwiesen.

Meine Frau und ich wiederholen unsere herzlichsten Wünsche für Dich, Deine liebe Frau und Deinen Lieben und verbinden damit viele Grüße von Haus zu Haus.

Dein

M. Fürbringer.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
23.12.1913
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10981
ID
10981