Sachsen-Meiningen, Georg II., Herzog von

Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen an Ernst Haeckel, Cap Martin, 11. März 1908

Cap Martin | 11 März 1908

Lieber Häckel!

Das ist ja ein ganz abscheuliches Attentat, das gegen Sie verübt worden ist! Von ganzem Herzen betrübt mich die Beunruhigung, welche Ihnen dadurch geworden ist und hoffe ich, die Person, welche so niederträchtig war, einen Stein nach Ihnen in Ihr Arbeitszimmer zu schleudern, werde ausfindig gemacht werden. Die Polizei in unseren kleinen thüringischen Staaten ist freilich nicht besonders findig und entbehrt der Gewandtheit und Findigkeit der Detectivs in den großen Städten, vielleicht gelingt es ihr aber doch, den Kerl zu erwischen. ||

In Ihrem Briefe an meine Frau erwähnen Sie in liebenswürdigster Weise die Brandkatastrophe in Meiningen. Sie ist recht fatal. Wenn, wie ich hoffe, auch in nicht langer Zeit ein neues Theater stehen wird, so wird das eben nicht das alte sein, an das sich für meine Frau und mich so bedeutsame Erinnerungen knüpfen – und das Loch das der Neubau in meinen Beutel reißen wird, ist auch eine recht übele Geschichte! Das Feuer scheint auf merkwürdige Weise entstanden zu sein, nämlich durch Selbstentzündung einiger Behältnisse mit Hartspiritus, die im Souterrain neben einer großen Anzahl von Sterinlichtern untergebracht waren. Wahrscheinlich ahnte bei || uns Niemand, daß diese Art Spiritus die schlechte Eigenschaft hat, unter gewissen Umständen sich zu entzünden.

Zu meinem nicht geringen Verdruß habe ich es versäumt, Ihnen zu Ihrem Geburtstage zu schreiben: Meine Frau besorgt das Geschäft, mich auf die Geburtstage aufmerksam zu machen, welche für mich von Bedeutung sind und hatte es auch in diesem Falle gethan. Ich hatte gegen sie geäußert, ich würde Ihnen schreiben, ich verbaselte es aber und merkte erst einige Tage später meine Unterlassungssünde. In meinen Jahren werden Manche vergeßlich, es scheint, ich gehöre zu diesen!

Seit dem 1sten d. Mʼs sind wir hier zusammen mit 2 ¾ erwachsenen Enkelinnen von mir. Leider ist das Befinden mei-||ner Frau recht wenig gut. Sie sendet Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin herzlichste Grüße denen sich anschließt, lieber Häckel, Ihr

Ihnen herzlich ergebener

Georg

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
11.03.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10279
ID
10279