Sachsen-Meiningen, Georg II., Herzog von

Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen an Ernst Haeckel, Bournemouth, 8. April 1897

Burlingtonhotel, Boscombe,

Bournemouth

8.4.97.

Lieber Häckel!

Daß Sie, obendrein im Süden, meines alten Geburtstags gedacht haben, freut mich und spreche ich Ihnen dafür sowie für Ihren Brief vom 4ten meinen herzlichsten Dank aus. Sie müssen eine recht genußreiche Reise hinter sich haben. Ihren Fußstapfen zu folgen, könnte mich locken, wenn auf den Touren, die sie von Messina aus gemacht haben, die Gasthäuser, wie ich annehme, nicht so erbärmlich wären. Im Jahre 1856 bereiste ich die Südküste von Sicilien, damit etliche || Wochen zubringend, und kam von einer Spelunke in die andere. Da jetzt Eisenbahnen dahin führen, wohin man damals reiten mußte, könnten die Wirthshäuser besser geworden sein – viel Vertrauen habe ich aber nicht dazu.

Dies Jahr sind wir, besonders weil meine Frau den Wunsch hatte, an die Südküste Englandʼs statt nach Italien und befinden uns hier seit 21 März (mein Gehörzustand und meine Lahmheit gestatteten mir keine Theilnahme an den Centenarfeiern.) Bis jetzt waren wir vom Wetter selten begünstigt, immerhin ist es hier bedeutend milder als bei uns, wo es an manchen Orten noch frieren soll. Die Gegend ist flach aber || waldbedeckt trotz 5000 Villen, die hier gebaut wurden, welche alle unter Waldbäumen, föhrenartigen Serpinien, stehen. Diese Bäume, von denen es 4 Millionen sein sollen, verbreiten Harzgeruch und gelten deshalb als für die Gesundheit vortheilhaft. Dies ist der Grund, weshalb sie überall, wo es nur menschenmöglich ist, stehen gelassen werden.

Die Vegetation ist etwa wie die des Komer Sees, nur daß man nirgend Palmen sieht, dagegen viele Aaraucarien, theilweise in Prachtexemplaren. Rhododendron wächst wie Unkraut unter den Waldbäumen.

Erkälten Sie nur Ihre Frau Gemahlin, welcher ich mich unbekannterweise zu empfehlen bitte, [und] sich nicht bei der frühen Rückkehr aus dem Süden nach dem Norden. Der Temperatur-||unterschied ist Anfang Mai noch beträchtlich.

Meine Frau trägt mir herzlichste Grüße auf. Wir Beide wünschen und erhoffen ein Wiedersehen mit Ihnen in diesem Sommer. Ihnen eine angenehme Rückreise über das schöne Wien wünschend, bin ich

Ihr Ihnen herzlich ergebener

Georg

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
08.04.1897
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10228
ID
10228