Carl Gegenbaur an Ernst Haeckel, Bad Brückenau, 20. August 1888

Bad Brückenau 20. Aug. | 1888.

Liebster Freund!

Sehr erfreut über Deinen Brief vom 15t gebe ich Dir sogleich Nachricht, die Dich sicher vor Deiner Abreise von Berchtesgaden noch treffen wird. Wir sind seit dem 9 Aug. hier, wo wir uns zu erholen begonnen haben, wenigsten bin ich der Neuralgie ledig und hoffe bei richtiger Sorgfalt ihr nicht sobald wieder zu verfallen. Der Zustand kostete mich fast das volle Sommersemester!

Deinen Vorschlag einer Begegnung kann ich bezüglich der Zeit mit Freuden acceptiren, denn ich werde es möglich machen können bis dahin wieder mobil zu sein. Ich muß zwar bei meiner Rückkunft nach Heidelberg, mindestens 3-4 Tage dort weilen, da ich einen Zeichner sitzen habe, der beschäftigt sein will und bis dahin sein Pensum längst beendet haben wird. Ich werde es aber einrichten etwas früher von hier wegzugehen, um rechtzeitig südwärts || zu eilen. Wegen des Ortes der Begegnung kann ich Dir mein Bedenken nicht vorenthalten. Sie sind doppelter Art. Einmal werden wir in München doch eigentlich nichts von einander haben und die Begegnung, auf die ich mich übrigens freue, verfehlte dann ihren Zweck. Vestigia terrent! Davon aber ist mir München dadurch, daß ich bei einer Reihe von Besuchen daselbst jedesmal unwohl, einigemale sogar erkrankt zurückkehrte, ein sehr ominöser Ort geworden. Ich stehe im 62ten Lebensjahre, resp. beendige dasselbe morgen, und muß auf meine Gesundheit Rücksichten a nehmen, an welche ich vor wenig Jahren kaum dachte. Da wirst Du begreifen daß mir München nichts weniger als sympathisch ist. Ich hatte gehofft, Du würdest die Rückkehr vielleicht durch den Arlberg nehmen, wo ich dann || irgendwo unterwegs Dich getroffen hätte. Ich bitte Dich also, Dir nochmals die Sache in Erwägung zu nehmen und ersuche Dich nicht minder um eventuelle recht genaue Angaben, damit mein vorjähriges Geschick beim Aufsuchen des Freundes sich nicht mehr wiederhole.

Alles weitere will ich bis zum zu erhoffenden mündlichen Verkehr versparen, sende daher nur beste Wünsche für gutes Wetter, (welches wir hier seit 3 Tagen erflehen!) und viele herzliche Grüße von mir wie von meiner Frau an Dich wie die Deinen.

Stets Dein treuergebener

CGegenbaur

a Gestr.: N.

Brief Metadaten

ID
10099
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Bad Brückenau
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Königreich Bayern
Datierung
20.08.1888
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
14,0 x 22,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10099
Zitiervorlage
Gegenbaur, Carl an Haeckel, Ernst; Bad Brückenau; 20.08.1888; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_10099