Haeckel, Charlotte; Haeckel, Carl Gottlob

Charlotte Haeckel an Anna Sethe, Teplitz, 29. August 1859, mit Beischrift von Carl Gottlob Haeckel

Montag d. 29sten

Liebe Anna!

Heute haben wir durch Bertha Ernstens Brief an Dich erhalten; er schwärmt ja recht für alle Herrlichkeiten die er dort genießt; da wird ihm die Prosa des Lebens nachher wohl nüchtern vor kommen; nun das muß auch durchgemacht werden.

Wenn wir ihn nur erst gesund wieder haben werden. Hermine schickte uns gestern einen Brief von Ernst, der bei einem an Karl eingelegen hat, || ich schicke ihn Dir zum Lesen, hebe ihn mir aber auf, und bringe ihn mir mit zurück. Häckel hat heute gleich an Ernst geschrieben. Hermine erwarttet heute Karl zurück, sie und die Kinder seien alle wohl. Hermine muß auch aus Heringsdorf Nachricht haben; denn sie schreibt es ginge doch mit dem Kindchen etwas besser, es könne wieder trinken, die arme Helehne, ich muß soviel an sie || denken. – Auch macht es mir Sorge, daß Dein Finger noch immer nicht gut ist; Du bist gewiß zu leichtsinnig damit umgegangen. –

Wie oft denke ich wie es in Bonn geht, von Philipps Ankunft haben wir nichts erfahren, als daß Tante Bertha einmal schreibt, das Blutspucken sei bei Philipp nicht wiedergekommen. Grüsse mir Auguste und alle Kinder aufs herzlichste, und sei Du schönstens gegrüßt von

Deiner

alten Mutter. ||

[Beischrift von Carl Gottlob Haeckel]

Liebe Anna!

Wir sind nun schon 4 Wochen hiera und denken noch eine zu bleiben. Lotte hat nun bereits 25 Bäder genommen. Sie wurde gestern vor 8 Tagen krank, indem sie wieder ihren Krampf bekam, der mit den Rükenschmerzen zusammen hängen soll. Das brachte einige Störung in die Kur, und greift sie sehr an. Jetzt ist sie wieder munterer, ihr Rüken ist sehr sensibel und sie geht nur langsam täglich früh und gegen Abend eine Runde. Außer Minchen Coquerill und ihr Nichte haben wir keinen Umgang. Wir haben hier wiederb einige heiße Tage gehabt. Gestern kam Gewitter und nun ist es etwas kühler geworden. Wir wohnen jetzt recht angenehm und freuen uns die schöne Gegend, Abends lesen wir im Walter Scott. An Ernst habe ich heute ein Monitorium erlaßen, er soll nicht vergeßen weshalb er in Italien ist, nehmlich um sich auf den anatomischen Beruf vorzubereiten. Jetzt schwelgt er in der Natur, was ich ihm gern gönne. Zum 1 October soll er in Messina seine Arbeiten beginnen und da kann er bis in den Februar bleiben, bis wohin er sehr fleißig sein muß. Sein Freund Martens geht als Naturforscher mit der Thetis auf einige Jahre nach Japan und China. Darum wird ihn Ernst sehr beneiden, aber ihm doch auch die Reise gönnen. Ernst hat doch einen großen Genuß in Italien gehabt. Wir denken hier sehr fleißig an Euch in Bonn. Wenn Du wieder schreibst, so gieb uns doch nähere Nachricht über Philippc und überhaupt wie ihr dort lebt. Künftigen Dienstag (6 September) gedenken wir hier ab und nach Berlin zu reisen. Wir müßen nur abwarten, ob die guten Folgen der Kur nachkommen werden. Grüße Tante Auguste und die Kinder aufs herzlichste. Euer Euch aufs herzlichste liebende Haeckel

P.S. Dein böser Finger scheint sich ja gar nicht geben zu wollen. Ich habe die Geschichte vor einigen 30 Jahren mit Tante Bertha durchgemacht. Das ist ein schlimmes Ding.

a eingef.: hier; b eingef.: wieder; c gestr.: sa; eingef.: Philipp

 

Letter metadata

Recipient
Dating
29.08.1859
Place of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 45024
ID
45024