Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 5. November 1872
Potsdam d. 5ten November 72.
Liebe Agnes!
Diesmal wende ich mich an Dich besonders mit der Bitte, mir umgehend aber recht aufrichtig, zu sagen: wie es Euch geht. Meine Gedanken sind immer mit Euch beschäftigt, und ich kann nicht läugnen, dass ich rechte Sorge habe, wie es unserem lieben Ernst geht; ich fand ihn zu angegriffen, und fürchte sehr, daß er noch zu angestrengt arbeitet. Von ihm selbst will ich auch jetzt keinen Brief, || ich mag nicht, daß er sich jetzt noch damit abmüht, und bitte Dich, liebe Agnes, dringend, daß Du mir Nachricht von Euerem Befinden giebst. – – Du brauchst ja nicht viel zu schreiben, sage mir aber aufrichtig, wie es Ernst und Dir und den Kindern geht. –
Ist der Wein angekommen? – Wenn Ihr das Faß gebrauchen wollt, so habe ich nichts dagegen; könnt Ihr es nicht be-||nutzen, so bitte ich Dich es gleich, wenn der Wein abgezogen ist, zu schwefeln und fest zu zu spunden, und dann franko zurück zusenden an Herrn Ferdinand Richter zu Mülheim an der Mosel.
Das Porto für das leere Faß wird höchstens 20 sgr betragen, und das Faß ist mit 3 Thalern berechnet; solltet Ihr daher in Jena das Faß für 2 Thaler verkauffen können, so ist es mir auch recht, nur bitte ich mir später zu schreiben, || wie Ihr es gemacht habt, ehe ich das Geld für den Wein abschicke. – – –
Ich denke der Wein muß angekommen sein, da der Brief worin die Absendung angezeigt ist, vom 4ten October datiert. An Ernst hatte ich schon vor 8 Tagen beifolgende Notizen geschrieben, wenn Du ihn nicht störst, dann gieb es ihm mit schönem Gruß, Dir und den Kindern innigen Kuß von
Deiner
alten Mutter Lotte.