Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Berlin, 1. Oktober 1879
Berlin d. 1sten Oct. 70.
Meine liebe Agnes!
Gestern ist Dein Brief an Ernst hier angekommen, der aber noch uneröffnet liegt, weil Ernst noch nicht angekommen ist, ich habe ihn gestern und vorgestern vergebens erwarttet.
Wir haben in der Famielie wieder ein Todesfall, gestern früh ist meine Schwester Eliese Naumann gestorben. Ich hatte gleich an Bertha geschrieben, die darauf Nachmit-||tags von Potsdam herkam. – Bertha sagte mir, daß Ernst noch nicht in Potsdam sei, wo sie ihn täglich erwartteten. Hoffentlich hast Du von ihm Nachricht. Wenn das ist, so thust Du mir wohl die Liebe und theilst es mir mit, denn ich verlange sehr zu hören, wo er sich herum treibt, wir werden wieder nicht viel von ihm haben, wenn er so spät || kommt. Nun, wenn ich ihn nur erst hier habe! Ich sehne mich doppelt nach ihm, da so vieles schwer auf mich lastet. Gott möge alles zum beßten lenken; jetzt ist es hauptsächlich das Schicksal der Naumannschen Kinder, was mich beschäftigt. In Deinem Brief an Ernst scheint eine Einlage zu sein, ist die vielleicht für Deine Schwester Marie? dann schreib es mir, daß ich den Brief öffnen soll, und die Einlage besorge. ||
Wie Bertha mir sagt, ist in Potsdam alles wohl, auch Häckel ist gesund. Hoffentlich geht es Dir und Walterchen auch gut. Gott behüte Euch, das ist der Wunsch
Deiner
alten Mutter
Lotte.