Alexander Braun an Karl Wiebel, Berlin, 15. Oktober 1860
Berlin 15. October 1860.
Hochgeehrter Freund!
Dr. Haeckel, ein lieber Freund unseres Hauses, hat mir erst heute erzählt, daß er sich um den zoologischen Theil der Lehmannschen Stelle beworben habe, daß jedoch neuerlich die Trennung von Zoologie und Botanik wieder zweifelhaft geworden sei und dadurch auch seine Aussichten zu schwinden drohten. So sehr ich nun wünschte, daß Dr Haeckel im Falle die Wahl auf ihn fallen sollte, sich auf sein Hauptfach, die Zoologie, concentrieren könnte, so kann ich ihm doch andrerseits das Zeugniß nicht versagen, daß ihm auch zum Unterricht in der Botanik die nöthigen Kenntnisse nicht fehlen. Ich darf dies um so bestimmter aussprechen, da Haeckel nicht nur früher einer meiner fleißigsten und theilnehmendsten Schüler und Begleiter auf botanischen Excursionen war, sondern auch seither in seinem Studium mit den wesentlichen Fortschritten der botanischen Wissenschaft Schritt gehalten und auf seinen Reisen überall dem Pflanzenreich seine Aufmerksamkeit beobachtend und sammelnd zugewandt hat. ||
Ich theile Ihnen das Gesagte auf den Wunsch meines jungen Freundes zu beliebigem Gebrauche mit. Zu einer directen Empfehlung desselben an entscheidender Stelle fehlt mir die äußere Aufforderung; auch müßte ich eine solche, in der Hauptsache dem Urtheile eines zoologischen Fachmanns überlassen.
Indem ich mich hiermit in Ihr freundschaftliches Andenken zurückrufe und der Fortdauer desselben empfehle, verbleibe ich mit herzlichem Gruß Ihr ergebenster
A. Braun
An Professor Dr Wiebel
in Hamburg.