Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Berlin, 15. Oktober 1868

Berlin d. 15ten

October 1868.

Meine liebe Agnes!

Ina Gedanken habe ich Dich schon oft in der Wochenstube besucht, aber zum Schreiben konnte ich immer nicht kommen. Nach Ernsts letztem Brief solltest Du versuchen aufzustehn, und ich wünsche von Herzen, daß es Dir gut bekommen ist. Ueberhaupt haben wir viel Ursache zum Dank; daß es Dir doch so gut geht, und Du Dich freuen kannst, || ein gesundes, liebes Kind zu haben; das ist für Euch Beide eine große Gottesgabe; möge es ferner gedeihen. Auch ist es ja ein großes Glück, daß Du Dein Kindchen selbst nähren kannst; und ich hoffe, es wird damit recht gut gehn, versäume nur ja nicht, Dich selbst zu pflegen, geniesse nur viel Suppe und Bier. Ob Du Narung genug hast, das läßt sich || ja noch gar nicht bestimmen, denn das findet sich erst, wenn Du Bewegung hast und arbeiten kannst. Solltest Du aber nicht mit der Flasche nachhelfen müssen, so möchte ich Dich wohl darauf aufmerksam machen, ob Du sie dem Kleinen nicht lieber am Tage geben möchtest und des Nachts die Brust; Nachts die Flasche, das würde Dir doch später, wenn Du keine Warttefrau hast, zu lästig sein, wenn Du aufstehn || mußt, die Flasche zu besorgen, das kann man doch nie dem Mädchen überlassen. –

Nun, mache es, wie Du es gut findest, ich mußte als Mutter Dich darauf aufmerksam machen. –

Herzlich freue ich mich, daß Deine liebe Mutter wieder wohl ist, grüsse sie herzlich.

Gott sei mit Dir und Deinem Kindchen, es gehe Euch Beiden so wohl, wie es von ganzem Herzen wünscht

Deine

Dich liebende Mutter

Lotte Häckel.

a gestr.: Meine; eingef.: In

 

Briefdaten

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.10.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 49293
ID
49293