Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 18. August [1884]

Potsdam 18/8.

Liebe Agnes!

Herzlich danke ich Dir für Deinen eben erhaltenen Brief; der mir eine große Beruhigung ist, da ich viel Sorge um Euch, Lieben hatte. Wenn man so einsam und abgeschieden wie ich jetzt vom Leben ist, dann beschäftigt der Geist sich um so lebhafter mit den Lieben und so quälte es mich schon lange, daß Ernst mir immer schrieb es gehe Dir besser, und doch herausfühlte, daß Du unwohl seist. So ist || es mir jetzt eine Beruhigung, daß Du doch ernstlich für Deine Gesundheit thust und ich wünsche von Herzen, daß die Badecur Dir gut bekommt, und Ernst sich auch auf der Reise recht erfrischt und dann Ihr, Lieben alle gesund mit neuen Kräften Euer schönes Daheim geniessen könnt. Wenn ich mir auch wohl denke wie Du gerne Ernst begleiten mögtest, so hat es doch auch einen großen Reiz für Dich, daß Du so ganz mit || Deinen Töchtern zusammen sein kannst. Wie lange denkst Du in Nauheim zu sein? wäre es nicht möglich, daß Du nach Deiner dortigen Cour, noch mit den Kindern zu mir kommen könntest.

Von Karl haben wir schon aus dem Hag Nachricht; ich hoffe die Reise soll ihm eine rechte Erfrischung sein, die er bei den manchen Sorgen, die ihm das Leben bringt, wohl recht bedarf. – ||

Leider hat meine Schwester Bertha jetzt eine schwere Sorge: ihr Köchin ist ernstlich erkrankt; das ist auch eine schlechte Nachkur nach dem Bade. Bei allen den Sorgen, die das Leben in der Famielie bringt, fühle ich es schmerzlich, daß ich meinen Lieben nichts mehr sein kann. Nun die Kunst das Alter zu ertragen, will auch gelernt sein.

Halte Dich mit den Kindern nur recht gut und seid herzlich gegrüßt von Deiner alten Mutter, die Dich auch bittet ihren Ernst oder vielmehr Deine herzlich zu grüssen.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.08.1884
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36987
ID
36987