Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 18./19. August 1883, mit Beischrift von Karl Haeckel

Potsdam 18/8 83.

Liebe Agnes!

Herzlich danke ich Dir für Deinen lieben Brief, und die Sendung von Ernstens Tagebericht. So sehr ich mich auch freue, daß unser geliebter Ernst so viel Genuß von seiner Reise hat, so scheint es doch, als ob er doch auch wieder zu waghalsig dabei gewesen ist; ich habe ihn so oft gebethen: Die Besteigung so hoher Berge nie ohne Führer zu unternehmen. Nun gebe Gott nur, daß er morgen zu seinen || Lieben in Jena gesund und erfrischt heimkehrt. –

So sollen denn auch diese Zeilen an Euch Beide gemeinschaftlich gerichtet sein, freue ich mich doch immer wenn ich Euch, Ihr lieben Kinder, glücklich in Euerem Hause weiß, denn sehen kann ich es nicht mehr, da muß mich Euer Besuch Ersatz sein. –

Jetzt liegt eine unruhige, arbeitsvolle Zeit vor Euch. Gott stärke Euch dazu; wäre ich 20 Jahr jünger, so käme ich || zum Helfen. Ich kann mir denken, wie Du, liebe Agnes in Gedanken schon damit beschäftigt bist, alles zu Ordnen, und für alles den richtigen Platz zu finden. –

Den 19/8

Gestern wurde ich am Schreiben gehindert, und ich verschob es auch, weil ich hoffte; wir würden von Annas Ankunft Nachricht erhalten: zweimal hatte Karl eine Karte, wonach Anna doch die Reise bekam.

Unser armer Karl wird schwer geprüft; wenn nur auch alle Sorgfallt zum erwünschten Ziel führt. –

Nehben diesen größeren || kommen dann auch noch kleine Unannehmlichkeiten, die aber ins Leben eingreifen und mir schwer werden: mein Mädchen hat zum October aufgesagt, und so werde ich auf meine alten Tagen noch an eine neue gewöhnen müssen, a und wir nun eine erst suchen und finden.

Karl hat Euch selbst hierzu gesetzt was die eben erhaltene Karte gebracht, von mir nur Allen herzlichen Gruß.b

[Beischrift von Karl Haeckel]

Potsdam 19/8

Ihr Lieben!

Eben Karte von Anna erhalten. Sie sind am Donnerstag glücklich in Davos-Doerfli angekommen, haben den Arzt gesprochen u. Anna hat im Seehof (Kurhaus) festen Fuß gefaßt. Nettes Eckzimmer erhalten, aber Regenwetter, Sääle geheizt, Berge voller Schnee; herrlich 5000 Fuß über Meer die Talsohle! – Ade, Richard erwarte ich morgen Abend zurück

Euer Karl.

a gestr.: das ist mir; b Text entgegengesetzt zur Schreibrichtung: Karl hat … herzlichen Gruß.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
19.08.1883
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36960
ID
36960