Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 5. Januar 1880

Potsdam 5/1 80.

Liebe Agnes!

Eben ist Bertha abgereist, und da ist mein erstes Geschäft meinen lieben Kindern in Jena zu schreiben und ihnen zu danken für alle Liebe. Soviel auch meine Gedanken vor und in der Festzeit mit Euch beschäftigt war, konnt ich doch nicht zum Schreiben kommen, mein dummer Kopf ließ es nicht zu. Wenn ich auch dankbar sein muß, daß es mir für meine Jahre noch immer leidlich geht, so kann ich doch nicht viel leisten, und muß mir daher manches versagen, so gerne ich es auch thäte. ||

Du hast mir eine große Freude durch Deinen lieben Brief gemacht und ich danke Dir herzlich dafür und für die freundliche Weihnachtsgabe. Das niedliche Deckchen ziert meinen Tisch. Da ich schon einen Tag früher von Ernst die Bücherpackete erhalten, erwarttete ich nichts mehr aus Jena, war also recht überrascht, bekam aber auch einen Schreck, da die eine Seite der Kiste erbrochen war und da ein handbreita freier Raum war: ob etwas heraus genommen ist, kann ich natürlich nicht beurtheilen; ausgepakt habe ich, die Decke, 2 Büchsen Marmelade, 2 Würste, Farbentafel, worauf stand für Julius von Walter; Julius || freute sich sehr darüber. Dann fand ich noch eine Schachtel in Form eines Dambrets, und frage an, ob das und die 11 kleine Chokoladentäffelchen auch etwa für eins der Kinder bestimmt istb? ich habe es noch aufgehoben.

Mit der innigsten Theilnahme gedachte ich Deiner am Weihnachtsfest, wie Du es vermissen müssest, daß Deine liebe Mutter nicht mit Euch sein konnte, ach und so schwer erkrankt. Gott helfe ihr und Euch alle das schwere Leid zu tragen. Die arme, arme Clara! es ist ja so schwer, wenn man so gerne helfen will und kann nicht Linderung geben. – Gottes Wege sind wunderbar. Er führt aber alles herrlich hinaus! – ||

Daß Die Kinder das Fest gesund und heiter verlebt haben, freut mich sehr, grüsse sie herzlich, ich werde ihnen bald selbst danken für ihre lieben Briefe; ich kann nicht so viel auf einmal schreiben. –

An Kinderjubel hat es bei uns nicht gefehlt: Hermann, Heinnrich und Marie waren hier; Herrmann ist am 1sten Januar abgereist; Marie gestern und Heinnrich wird morgen nach Leipzig zurückkehren. Letzterer wird Euch bald besuchen. Bertha ist seit Montag vor dem Feste bei mir gewesen, was mir eine große Freude war. –

Nochmals danke ich Dir für jede Liebe; grüsse die Kinder herzlich von mir, und behalte lieb

Deine

alte Mutter Lotte.

a korr. aus: Handbreit; b korr. aus: war

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
05.01.1880
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36868
ID
36868