Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 4. März 1874
Potsdam 4/3 74.
Liebe Agnes!
Herzlich danke ich Dir für Deinen Brief, nach dem ich mich so sehr sehnte. Leider konntest Du mir keinen gehofften Bericht geben, und meine gehabte Sorge um Euch, Lieben, ist keines wegs gehoben. Wie es mich betrübt, daß Ihr alle krank wart, kannst Du denken, wie viel hast Du, selbst krank zu pflegen gehabt, und wie gern hätte ich Dir dabei geholffen, freilich kann ich nicht viel leisten, aber manche || kleine Handreichungen könnte ich doch thun; und wenn ich auch weiß, daß Ernst sich am liebsten von seiner Frau pflegen läßt, so könnte ich doch bei ihm sein, wenn Du mit der Kleinen beschäftigt bist. Also, wenn Du es wünscht, so komme ich gerne zu Euch, wenn es mir auch schmerzlich ist, so wenig leisten zu können, so ist es mir doch eine Beruhigung, wenn ich meinen Kindern was sein kann. || Gebe Gott, daß ich bald bessere Nachricht als die heutige von Euch erhalte; es ist mir zu betrübt, daß Ihr soviel Noth habt. Für’s erste bitte ich Dich nur dringend: mir so bald wie möglich zu sagen, aber recht aufrichtig wie es geht? bist Du, liebe Agnes, wirklich wieder ganz wohl? ist es mit Emma besser? Und hat Ernst mich nicht getäuscht? ist wirklich das Fieber vorüber? Ich fürchte immer es ist nicht so gut wie er schreibt; denn da er die Vor-||lesung ganz aufgegeben hat, so ist es doch lange nicht gut. Was hat ihm eigentlich gefehlt? Bei ihm tritt ja jede Krankheit so richtig auf; und ich bitte ihn dringend recht vorsichtig zu sein, vor allem nicht zu früh ansträngende Arbeit zu übernehmen.
Recht bald hofft bessere Nachricht von Euch allen zu erhalten
Euere
sehr bekümmerte
Mutter Lotte