Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 14. April 1873

Potsdam 14/4 73.

Liebe Agnes!

Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief mit der Einlage, wofür ich Dir herzlich danke, besonders, daß Du mir auch etwas über Dein Befinden geschrieben hast; nun weiß ich doch, daß es Dir jetzt leichter werden wird, und daß Du wieder frische Luft genießt, mache Dir nur ja Bewegung so viel Du kannst, und damit es Dich nicht zu sehr ermüdet, lieber öfter im Tage nicht zu viel hinter einander. Hoffentlich wird auch der Appetiet bald besser; hast Du doch nun auch weniger Sorge, da es den Kindern besser geht. ||

Wie sehr freue ich mich über die guten Nachrichten von unserem Ernst. Gott behüte ihn ferner, daß er dann erfrischt und gesund zu uns heim kehrt; und möge er dann auch seine liebe Frau mit den Kindern gesund und fröhlich finden, daß er sich dann recht behaglich in seinem Hause fühlt. – Für Dich freue ich mich recht, daß Dein Bruder mit der Frau bei Euch das Osterfest verlebt, das ist Dir doch eine Zerstreuung in der Einsamkeit, ich denke mir heute, am zweiten Ostertag wirst Du Deine Lieben bei Dir haben, hoffentlich ist Deine Mutter wohl || genug, daß sie auch bei Dir sein kann. Grüsse alle herzlich von mir. –

Mein Stilleben war in der letzten Zeit etwas unterbrochen; ich ließ Marie auf Wunsch ihrer Eltern 8 Tage zu Hause gehn, und war unterdeß theils bei Bertha in Berlin und dann bei Karl hier. Seit Carfreitag bin ich wieder in meiner Wohnung, gestern war ich aber den ganzen Tag bei Karl, und freute mich der Kinder, die sich fröhlich auf dem Hof herumtummelten; wie gerne hätte ich Walter und Lisbet dabei gehabt. Heute || erwartte ich Bertha, zu Mittag sollen wir beide aber bei Karl sein. Gestern früh haben die Kinder, ehe ich noch da war Ostereier auf dem Hof gesucht, ich hatte für jedes aus Berlin ein Seifei mitgebracht, und schicke hierbei für Walterchen und Lisbet auch ein rotes und blaues, sage ihnen, wenn sie damit gewaschen würden, sollten sie denken, wie die Großmutter wünsche, daß sie immer Innen und Aussen blank sein möchten. Auch habe ich für meine || beiden Jenenser Enkel aus Berlin Mehlweißchen mitgebracht, die sie ja gerne essen. Wenn ich nur etwas wüßte, womit ich Dich, liebe Agnes, erquicken könnte. Ich habe so viel hin und her gesonnen, weiß aber nichts. – Wenn Du mal was wünscht, so schreibe es mir doch, wenn ich irgend kann, schicke ich es Dir gerne. Wie hat sich denn Minna in der Küche eingelebt? Daß Dir das neue Mädchen noch manche Mühe || machen wird, kann ich mir denken. Bei solch junges [!] Mädchen wird es zu Anfang immer am Schwersten sie an Ordnung und Pünktlichkeit zu gewöhnen, und da wirst Du gewiß viel zu thun haben, daß Du darin nicht zu nachsichtig bist, es ist zu wichtig und hat auch viel Einfluss auf die Kinder, wenn sie lernen auch auf alle Kleinigkeiten zu achten. – Wie ist || sie denn mit den Kindern? verkehrt sie freundlich mit ihnen? ohne ihnen alle Ungezogenheiten nach zu sehn? und sind meine beiden lieben, kleinen Putzels recht folgsam ihrer lieben Mama? Das gebe Gott. –

Walterchen und Lisbetchen gieb von mir einen Kuß; und haltet Euch alle drei recht frisch das wünscht Dir von Herzen

Deine

alte Mutter

Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.04.1873
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36521
ID
36521