Wilhelm Bölsche an Ernst Haeckel, Friedrichshagen, 26. November 1905
Friedrichshagen
b. Berlin,
Kaiserstr.
26.XI.05.
Lieber Freund!
Das Cirkular habe ich unterzeichnet, Wille wird es zugleich mit seiner Unterschrift zurücksenden. Gegen eine Zusammenkunft jetzt grade in der Mitte der Wintersaison möchte ich einwenden, daß wahrscheinlich Schwierigkeiten für viele Teilnehmer entstehen || werden, da fast alles in dieser Zeit mit Verpflichtungen überlastet zu sein pflegt und schlecht reisen kann. Ich selbst habe z.B. mehrfach Vorträge und sonstige nicht mehr abzustellende Sachen im Dezember, Jan., Februar, die mich eventuell hemmen könnten und bei andern wird es ähnlich sein. Ich meine, der geeignete Termin für so etwas wäre auf alle Fälle erst das Frühjahr, etwa || Mai, zu Anfang der Reisezeit, wo so wie so ein Ausflug nach Eisenach locken könnte.
In diesen Tagen erhälst Du meinen neuen Essay-Sammelband („Naturgeheimniß“, in Diederichs Verlag), ich glaube, daß Dich die Studie über Semons „Mneme“, sowie der Schlußabschnitt (von S. 196 an) interessieren werden; Semon selbst war mit meinem Referat in allem wesentlichen vollkommen einverstanden. ||
Ich habe in diesen Tagen mit dem Verleger meines Buches „Sonnen und Sonnen-stäubchen", Bondi, abgeschlossen wegen eines kleinen, sehr billigen und ganz volkstümlichen Buches über die lebenden und ausgestorbenen Säugetiere, wofür ich seit Jahren mir viel hübschen Stoff gesammelt hatte. Dabei möchte ich Dich um eine kleine Freundlichkeit bitten. Bist Du mit Osborn in New York (American Museum) in persönlichen Beziehungen? || Ich möchte nämlich gern bei der Illustrierung dieses Buches eine Anzahl der schönen Rekonstruktionen fossiler Säugetiere (Phenacodus u.s.w.) reproduzieren, die das New Yorker Museum herausgegeben hat und höre, daß die Autorisation von Osborn dazu zu erbitten wäre. Würdest Du nun die Freundlichkeit haben und mir eine empfehlende Zeile zu schreiben, die ich meinem Briefe an Osborn beilegen könnte? Ich wäre Dir sehr || dankbar. Die Bilder sind meines Wissens in einem deutschen Werke bisher noch nicht reproduziert worden.
Mit allen guten Wünschen für Deine Gesundheit
Dein Wilhelm Bölsche
Deine Biographie von mir ist eben wieder in neuer Auflage erschienen, sie geht jetzt sehr gut, obwohl der Seemannsche Verlag, in den sie (leider) durch Kauf von Reißner || übergegangen ist, an sich ein schauerlich unordentlicher und unzuverlässiger Verlag ist. Ich hoffe, sie gelegentlich doch noch von ihm los und in die Hände von Diederichs oder Bondi, also sehr anständigen Verlegern, zu bringen.