Adé, Ralf

Ralf Adé an Ernst Haeckel, Leipzig, 1904

Leipzig, 1904

Hochgeehrter Herr Professor!

Erlaube mir hiermit, Ihnen eine von mir verfasste Broschüre zu überreichen und um freundliche Annahme zu bitten. Dankbar würde ich Ihnen sein, wenn Sie das Schriftchen in irgend einer Weise würdigen wollten.

Ich erlaube mir, in folgendem die von mir erstrebten Ziele zu skizzieren.

Die Broschüre, die erste von fünf Vorarbeiten über „der Menschheit Drama“, weist die Abhängigkeit und Unselbständigkeit der Menschheit auf, die allein das Material für eine ihr übergeordnete Gewalt ist.

Diese höhere Gewalt, welche die Menschheitsmasse zu ihrer Erhebung benutzt, ist „Die Schöpfung“. Indem die Menschheit in diese eingeht, scheidet sich das Menschheitsmaterial, es entstehen grosse Differenzierungen innerhalb desselben, und im Verlauf dieser Entwickelung tritt das latent im Urmaterial Liegende in Erscheinung.

Der Verfasser weist dann nach, dass für diese Menschheitsschöpfung bestimmte Naturgesetze in Frage kommen und zeigt, dass diese sowohl in äusseren mechanischen Einflüssen, als auch in Faktoren, die in dem Material und dessen Spaltungsprodukten selbst liegen, zu finden sind.

Hierauf geht der Verfasser dazu über, zu zeigen, dass diese Schöpfung nicht entstehen muss, dass vielmehr bei ungünstigen äusseren Umständen, sowie bei Fehlern, welche die Differenzierungen des Urmaterials begehen, Entartungen entstehen können, und das Material neuen Gewalten, die jetzt plötzlich auftauchen, anheimfällt.

Der Verfasser bleibt jedoch bei diesen negativen Ergebnissen nicht stehen, sondern zeigt diese Schöpfung, die da entstehen will, selbst auf und lässt uns Einblicke in ihre innere Struktur, in ihre Organe tun, um an letzter Stelle von diesem höchst entwickelten Schöpfungsgebilde unserer Erde aus einen Rückblick auf das Problem des Lebens überhaupt, auf das „Ureine“ zu versuchen.

Dieses Buch, welches das erste dieser Art ist, gelangt im Laufe seines Fortganges zu stetig neuen, überraschenden und gewaltigen Ausblicken, und gleich einer spannenden Erzählung liest sich die Geschichte dieses Schöpfungsgebildes, das aus dem Menschheitsmaterial entsteht.

Aber noch Höherem will die Broschüre dienen. Sie will die Gewalt und Herrlichkeit dieser Schöpfung, die da kommen will, fördern, sie will ihr beistehen in dem kommenden gewaltigen Kampf, der die Geister scheiden muss, ihr Banner in demselben vorantragen. Der Verfasser bemüht sich, in einer Zeit, in der so unerhört glück-||liche, günstige Bedingungen für die Erhebung dieser Schöpfung da sind, wie nie zuvor, dieser Schöpfung den Boden zu bereiten, hinzuweisen auf diese für ihre Erhebung günstige Zeit, damit die glückliche Stunde nicht ungenützt, still vorübergehe, und so das, was bislang durch all’ die Jahrtausende die Schöpfung vergeblich zu erreichen suchte, werden kann. Seiner Zeit vorauseilend, warnt der Verfasser vor Irrwegen und Fehlern und zeigt die richtigen, vorerst kaum noch zu bemerkenden Wege. In das neue Zeitalter, das uns bevorsteht, auf das alles hindrängt, führt so der Verfasser ein, wird zum Verkünder des Neuen, das heraufkommen muss, mahnend, Bekenner und Träger dieses Reichs der Schöpfung zu werden!

Hochachtungsvoll

Adé-Röderten

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
??.??.1904
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 9058
ID
9058