Albrecht, O. F. J.

O. F. J. Albrecht, Tarnowitz, 16. November 1900

Tarnowitz 16 XI 00

Geehrter Herr Professor!

Unterzeichneter möchte um die Erlaubniß bitten, Ew. Hochwohlgeb. eine kleine von ihm verfaßte Arbeit zur gefälligen Durchsicht einsenden zu dürfen. Zur Beurtheilung, ob die Sache genügend wichtig u. für Sie von Interesse sei, möge hier der Inhalt kurz skizzirt werden.

Die Schrift, betitelt „Zweipoliges Erdenleben“ geht davon aus, daß nach allgemein gültigen Naturgesetzen von allen Puncten der Oberfläche des ursprünglich glühenden Erdballs die beiden Pole zuerst soweit abgekühlt sein mußten, daß dort organisches Leben ermöglicht wurde. Man muß also von vornherein auf unserm Planeten zwei verschiedene Schöpfungscentren und ebenso zwei verschiedene von denselben ausgehende Pflanzen- und Thierwelten annehmen, || Flora u. Fauna des Nordpols u. des Südpols.

Da die Entstehung und Umbildung aller organischen Formen zuerst (und vielleicht ausschließlich) auf den Polen und deren Umgebung anzunehmen ist, so darf man hier jedenfalls mit Sicherheit die etwa noch vorhandenen Reste der Urformen aufzufinden hoffen.

Die beiden Pole sind, dem obigen gemäß, im weitern Fortschreiten des Abkühlungsprozeßes zuerst bis zur Vereisung gelangt.

Mit vorschreitender Abkühlung konnten bzw. mußten Pflanzen und Thiere von den Polen aus in der Richtung auf den Aequator hin auswandern u. die den betreffenden Polen zunächst gelegenen Continente besiedeln. Alles das gilt natürlich auch für das Schlußglied der Entwickelungsreihe, für den Menschen. Die ersten Menschen, die auf dem damals noch tropisch heißen Polargebiet zu existiren vermochten, mußten der schwarzen Race angehören; es folgten dann später die braune oder rothe, gelbe und weiße Race. In derselben Reihenfolge erfolgte später || auch die Wanderung in der Richtung auf den Aequator hin.

Bei den Menschen ist es nun möglich, gewißermaaßen die Probe auf das Exempel zu machen.

Die schwarze Nordpolrace gelangte in das südliche Asien (Reste Drawiden Stämmen)die schwarze Südpolrace in das nördliche Afrika (Neger); die rothe Nordpolrace ebenfalls nach Südasien u. nach Amerika (Maleien und Indianer) die rothe Südpolrace besetzte das übrige Afrika und Australien. Die gelben und weisern Nordpolmenschen sind in der mongolischen u. kaukasischen Race erkennbar.

Diese 6 Beispiele stimmen genau genug mit der theoretisch zu erwartenden Vertheilung der Racen überein, während allerdings 2 weitere Beispiele, die hellfarbigen Südpolracen, fehlen.

Vielleicht sind davon Repräsentanten noch im ewigen Eise des Südpols || aufzufinden. Bis dahin laßen sich über das Fehlen der hellen Südpolrace nur Hypothesen aufstellen; usw. usw.

Es folgen andre Beweise und Anzeichen dafür, daß in den beiden Polargebieten die Heimath aller Lebewesen zu sehen ist u. der Hinweis, welchen Nutzen für Forschungszwecke die jetzt vielfach ausgerüsteten Polar-Expeditionen gewähren können.

In Erwartung Ihre gefällige Rückäußerung zeichne ergebenst

Albrecht,

Baumeister

Tarnowitz Ob/Schlesien

Hugo Straße 5a

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
16.11.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 8958
ID
8958