Becker, Franz Johann Jakob Emil

Franz Becker an Ernst Haeckel, Serrières bei Neuchâtel, 26. Januar 1916

Serrières bei Neuchâtel

den 26 Januar 1916. –

Hochgeehrter Herr Professor,

Ich bestätige Ihnen mein Ergebenes vom 21 des mit einem Supplement-Testament, welches ich für außerordentliche Haupta Versammlung des Bundes am 26/27 Februar in Jena, bestimmt hatte. –

Ich habe darin einen Betrag angeben, um einen ungefähren Anhaltspunkt zu geben, – denn ein Vermögen kann ebensogut aus M. 5000,- als aus M. 500.000 bestehen! –

Sollten die Herren aber für gut finden, daß dasselbe an der Versammlung nicht vorgelesen werde, so gebe ich mich auch damit zufrieden. –

Vorgestern hatte ich nun das Vergnügen Ihr neuestes Buch „Ewigkeit“ zu empfangen; Ich danke Ihnen bestens dafür, obschon ich mit dem was Sie über die Engländer sagen, nicht einverstanden bin; es nützt auch gar nichts, jetzt etwas Bestimmtes über den Ausgang des Krieges zu sagen, denn kein Mensch weiß, wie die Sache enden wird. –

Für Ihre Neujahrswünsche danke ich Ihnen || verbindlichst und erwiedere dieselben von Herzen. –

Ist es aber nicht sonderbar, daß ich, Ihr Buch mit diesen Wünschen, erst am 24 Januar empfangen habe!!?

Ich sehe nun den Bericht über die Hauptversammlung in Jena, mit großem Interesse entgegen, aber wie dieselbe auch ausfällt: = Der Monismus geht nicht unter; im Gegentheil wird er, nach dem Krieg, mit erneuter Kraft, wieder emporblühen. –

Ich begrüße Sie, hochgeehrter Herr Professor,

mit gewohnter Hochachtung

Franz Becker

N. B. Ich bin Bürger von Basel und nicht (aus) von Seewen (Schwyz); in letzterem Ort habe ich mich nur wiederholt und für längere Zeit aufgehalten. – Mütterlicher Seits kann ich meine Vorfahren in Basel, bis auf das Jahr 1546 zurückführen und zwar von Vater auf Sohn, in 10 Generationen. –

Ich fühle mich gar nicht wohl hier; die Leute scheinen mich nicht und ich, sie nicht, zu verstehen, und obschon ich, wie die meisten französischen Schweizerb den preußischen Militarismus nicht liebe, – || bin ich doch für viele Leute, ein Bosch, ein Spion und Anderes mehr! – Die Leute sind eben außerordentlich engherzig und enggeistig und von einer erstaunlichen Kleinlichkeit, während ich gerade das Gegentheil bin. – Der Krieg hat die Leute eben ungemein nervös gemacht und werden Sie begreifen, wenn ich sage, daß ich mich, unter diesen Verhältnißen, nicht wohl und gemüthlich fühle. – Ich erwarte das Ende des Krieges, ebenso ungeduldig als Sie.

a eingef.: Haupt; b eingef.: wie die meisten französischen Schweizer

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
26.01.1916
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 7784
ID
7784