Besser, Käthe

Käthe Besser an Ernst Haeckel, Bonn, 4. März 1906

Bonn 4. März 06

Mein verehrter, lieber Freund,

Sie sollen nicht denken, daß ich undankbar bin – aber es ist wahrscheinlich, daß diese aus dem Bett an Sie gerichteten Zeilen mein Lebewohl für Sie sind.

In der Nacht vom 8. zum 9. Febr. bekam mein Mann Blasenblutungen. Er nahm rührend von mir Abschied. Leider – da sich das Blut staute und heftige Schmerzen verursachte – machte man noch einen operativen Eingriff. So litt er noch bis zum 14 früh, freilich war || durch die große Schwäche und die Morphium-Injektionen das Bewußtsein nur a für Momente klar. Aber so groß wie er dachte, so groß ist er auch gestorben und alle Worte die er sagte waren herrlich. Sein letztes Wort war frei, frei, Sonne. In Mainz ist er verbrannt worden auf seinen Wunsch.

Sein Liebstes so leiden zu sehen, hat meine schwache Gesundheit vollkommen erschüttert. Ich habe 5% Zucker, Aceton, Acetessigsäure, aber vor allen Dingen vor 8 Tagen || solch schweren Schwindel und bedrohliche Herzschwäche, daß ich schon die Fittiche des Todes rauschen hörte. Ich muß nun fest liegen bis ich – – –. Es ist auch besser so. Alles war mein guter Alter, nur kein Kaufmann und so sind die Verhältnisse so bescheiden wie ich’s nicht ahnte. Und verdienen kann ich ja nichts, auch wenn ich mich noch einmal erholen sollte.

Ihnen hochverehrter Herr Professor, drücke ich warm die Hand. Ihre Freundschaft || war ein leuchtender Stern an meinem Lebenshimmel! –

Schaute ich dem Sterben nur so mutig entgegen, wie mein tapferer Philosoph es tat, aber ich fürchte mich davor.

Sollte meine Natur noch einmal siegen, dann hören Sie wieder von mir. Ich war so erfreut daß es Ihnen besser geht, wie ich’s nicht sagen kann.

Mit bester Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin, verbleibe ich

Ihre

treu ergebene

Käte Besser

a gestr.: auf

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
04.03.1906
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7575
ID
7575