Berger, Richard

Richard Berger an Ernst Haeckel, Königstein, 12. September 1903

Königstein, den 12.9.03.

Hochgeehrter Herr Professor!

Unbegrenzte Hochachtung ist es welche mich treibt, Ihnen diese Zeilen zu schreiben. Wollen Sie, Hochgeehrter Herr Professor, auch einmal den Dank eines einfachen Arbeiters annehmen. Möge es Ihnen vergönnt sein, den Tag zu erleben an welchem die große Masse des Volkes, Ihnen, dem großen Kämpfer für Wahrheit und Recht, seine Huldigung entgegenbringt. ||

Immer u. stets war ich bemüht, mir Klarheit zu verschaffen über das „Werden und Vergehen“.

Theuere Bücher zu kaufen ist mir nicht möglich, würde den Inhalt wahrscheinlich auch nicht verstehen. Die „Welträthsel“ sind es die sich auch der Unbemittelte zu eigen machen kann und sind auch der Grund welcher mir erlaubte, Ihnen Hochgeehrter Herr Professor, durch diese Zeilen meinen Dank entgegen zu bringen.

Noch ein paar Worte möchte ich schreiben, wie ich mir das „Werden“ in der früheren Pflanzen- u. Thier-||welt, ohne die von der Kirche oder dem Staate vorgeschriebene Gottheit vorstellte. Den natürlichen Vorgang des Befruchtungsaktes vorausgesetzt, dachte ich mir, es ist im männlichen Samen u. im weiblichen Ei, ebenso im Blüthenstaub und Fruchtknoten, eine Wärme oder chemische Eigenschaft im gebundenen Zustande vorhanden, welche in dem Augenblicke wo der Same das Ei berührt, ein in Kraft treten der beiderseitigen Eigenschaften hervorruft. Ich meine so, wie 2 elektrische Leitungskräfte auch erst dem menschlichena Sinne ihre innewohnende Kraft wahrnehmen || lassen, wenn wir den Funken sehen, welcher aufflammt wenn die Drähte in Berührung kommen.

Ew. Hochwohlgeboren

Hochverehrender

Richard Berger.

a eingef.: menschlichen

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
12.09.1903
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 7400
ID
7400