Berein, Clara

Clara Berein an Ernst Haeckel, Berlin, 26. November 1899

BERLIN, DEN 26 November 1899.

Hochverehrter Herr Professor!

Innigst, innigst bitte ich, sind Sie mir nicht böse, daß ich mir noch einmal erlaube, ein paar Zeilen an Sie zu richten. Ich bin eine höchst unglückliche Frau, mir geht es sehr traurig, sonst würde ich Sie wahrhaftig nicht wieder belästigen, Bester Herr Professor. Mein rheumatisch-nervöses Leiden ist jetzt so heftig, mein linker Fuß so schlecht, daß ich manchen Tag garnicht laufen kann. Hochverehrter, Bester Herr Professor, innigst bitte ich Sie, lassen Sie mir noch ein einzigstesmal Ihre gütige Hilfe zu Theil werden. Ich möchte so gerne das Kleid einlösen, da ich es so sehr nöthig gebrauche, mir Medizin, Einreibung machen lassen, ich besitze nichts, nichts. Meinen Mann sehe u. höre ich oft 2–3 Tage nicht, erhalte nur ein paar Groschen, daß ich mich kaum satt essen kann, nur Feuerzeug, Petroleum, ich weiß keinen Rath. Innigst bitte ich, erhören Sie noch einmal meine dringende Bitte, Bester Herr Professor, ist dies dann gleiche eine Weihnachtsfreude für mich, ich weiß ja so nicht, das Weihnachtsfest ist. Sehnsüchtigst sehe ich Ihrer werthen Nachricht, edelen Hilfe entgegen, vielleicht bessert sich dann auch mein Leiden; wenn ich etwas dafür anwenden kann. Recht sehr bitte ich um den Schein zurück, zähle die Stunden bis zu Ihrer gütigen Antwort. Nochmals von ganzem Herzen bittend, belästige ich Sie bestimmt nicht wieder, || bitte bitte verlassen Sie mich diesmal nicht, machen Sie mich glücklich.

Ihnen schon voraus herzlichst dankend, Bester Herr Professor, zeichnet mit größter Hochachtung, steter Dankbarkeit Ihre

ganz ergebene

Clara Berein.

geb. Bock.

Berlin. C. 2.

Hoher Steinweg 3. III.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
26.11.1899
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 7330
ID
7330