Breitenbach, Wilhelm

Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Brackwede, 27. März 1909

NEUE WELTANSCHAUUNG

MONATSSCHRIFT FÜR KULTURFORTSCHRITT …

AUF NATURWISSENSCHAFTLICHER GRUNDLAGE

REDAKTION: DR. W. BREITENBACH, BRACKWEDE I. W.

GESCHÄFTSSTELLE: STUTTGART

BRACKWEDE, 27.3.09

Sehr geehrter Herr Professor!

Aus Ihrem gestrigen Briefe ersehe ich zu meinem Bedauern, daß Sie schon wieder an Rheumatismus leiden. Ich hoffe, daß das Leiden bald verschwinden wird und daß Sie Ihren Auszug aus dem alten Arbeitszimmer in Ruhe bewerkstelligen können. Möge Ihr Geist auch ferner in diesem Zimmer walten, aus dem so viele bedeutungsvolle Arbeiten hervorgegangen sind!

Die Abhandlung des Herrn Klocke habe ich mit Interesse gelesen; || ich bin nicht abgeneigt, sie selbst herauszugeben, wenn ich mit dem Verfasser über die Bedingungen einig werde. Die Affaire Brass wird nachgerade tatsächlich langweilig und immer verwickelter. Ich kann in der Neue Welt Anschauung nur die wichtigsten Punkte bringen und denke, das wird genügen. Ich bekomme von vielen Seiten Briefe, in denen die Vorträge von Brass als schlecht und flach bezeichnet werden, so daß selbst Freunde des Keplerbundes nichts von ihnen halten. Es wird gut sein, wenn Sie nun nichts mehr in der Angelegenheit schreiben, die Keplerleute benutzen || das doch nur, um für sich Reklame zu machen.

Ich habe von Anfang an auf die Gefährlichkeit des Bundes aufmerksam gemacht, fand aber damals in dem den Dingen und Personen fernstehenden Ausschuß des Monistenbundes kein Verständnis. Einen Naturwissenschaftler enthält der Vorstand jetzt überhaupt nicht mehr. Von München und von dem Weimarer Kartell hört und sieht man nichts mehr.

Mit besten Grüßen und Wünschen für baldige Genesung in alter Treue

Ihr ergebenster Schüle

Dr. W. Breitenbach

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
27.03.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6068
ID
6068