Breitenbach, Wilhelm

Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Brackwede, 14. August 1908

Brackwede, 14.8.1908

Sehr verehrter Herr Professor,

vor den Jenaer Festtagen schrieb ich Ihnen, ich würde Ihnen demnächst Mitteilung von einer Schenkung für das Phyletische Museum machen. Ich bin jetzt in der Lage, Ihnen diese Mitteilung zugehen zu lassen. Die Sache ist die: Herr C. O. Radde, ein Bruder des Ihnen ja auch persönlich bekannten verstorbenen G. Radde in Tiflis, ein sehr eifriger und opferwilliger Freidenker, lernte vor nicht zu langer Zeit Dodels Deublerbuch kennen und wurde durch dasselbe auch mit Prof. Dodel bekannt. Um Dodel eine Freude zu machen, liess Herr Radde durch seinen Schwiegersohn, der Maler ist, ein grosses Deublerbild malen, das eine Art Apotheose für Deubler gedacht ist und in seiner Kompostion wie Ausführung einen vorzüglichen Eindruck hinterlässt. Vor einigen Wochen sandte Herr Radde das Bild an Dodel, es kam aber als unbestellbar zurück, denn Bild und Todesanzeige der Familie Dodel nach Hamburg hatten sich gekreuzt. Herr Radde schrieb mir darüber und erbat meinen Rat, was er nun wohl mit dem Bilde beginnen solle. Ich schlug ihm vor, es Ihrem Phyletischen Museum als Wandschmuck zu schenken, falls Sie es annehmen würden.

In der That wüsste ich keinen besseren Platz für das schöne, stattliche Bild, als etwa das Bibliothekszimmer des Museums. Sie selbst waren mit Deubler gut bekannt, haben viele Briefe mit ihm gewechselt und so würde das Bild gewiss auch Ihnen eine hübsche Erinnerung an den merkwürdigen Mann sein.

Herr Radde hat mich beauftragt, bei Ihnen anzufragen, ob Sie eventuell bereit sind, das Bild für das Museum anzunehmen und ihm einen Platz in ihm anzuweisen. Das Bild ist einstweilen noch nicht gerahmt. Herr Radde || wird aber einen dem Wert des Bildes entsprechenden

Rahmen machen lassen. Ich bemerke noch, dass Herr Radde ein Mann in fast Ihrem Alter ist, dem Sie durch Annahme der Schenkung ein grosses Vergnügen bereiten würden, da er ein grosser und aufrichtiger Verehrer von Ihnen ist. Falls Sie nicht grundsätzlich die Annahme ablehnen, könnte Ihnen Herr Radde vielleicht vorher eine allerdings farblose Photographie des Bildes schicken.

Wir, d.h. unsere Gesellschaft Neue Weltanschauung, haben die Absicht, das Bild als Tafel der Volksausgabe des Deublerbuches beizugeben.

Ich bitte Sie, hochverehrter Herr Professor, mir Ihre Entscheidung doch recht bald mitzuteilen, damit ich Herrn Radde Nachricht geben kann. Ich habe das Bild im Original hier gehabt und kann nur sagen, dass es Ihnen aufrichtige Freude machen wird. Ich selbst würde mich sehr freuen, wenn es mir vergönnt wäre, das Geschenk vermittelt zu haben. Ich bemerke noch, dass Herr Radde der Verfasser der Schrift: „In memoriam Saladin“ ist, die Sie auf Seite 188 den neuen Ausgabe der „Welträtsel“, Volksausgabe, erwähnen.

Mit freundlichen Grüssen bin ich in unveränderter Gesinnung

Ihr ergebenster Schüler Dr. W. Breitenbach

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
14.08.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6051
ID
6051