Wilhelm Schallmayer an Ernst Haeckel, München, 16. September 1901
München den 16. September 1901
An die
Direktion des zoologischen Instituts
Professor Dr. Häckel, hochwohlgeboren
Jena.
Ich bin von einem Herrn, der die mit Frist bis zum 1. Dez. 1902 ausgeschriebene Preisausgabe in Angriff genommen hat und gemäß deren Bestimmungen seinen Namen in Verbindung mit derselben nicht angeben soll, ersucht worden, Sie um gütige Beantwortung folgender zwei Fragen höflich zu bitten.
Dem Preisthema: „Was lernen wir aus den Prinzipien der Descendenztheorie in Beziehung auf die innerpolitische Entwicklung und Gesetzgebung der Staaten?“ sind Erläuterungen beigefügt, die als Gesichtspunkte bei der Bearbeitung zu beachten sind. Diese Erörterungen erhalten eine Anzahl von Urteilen, die begründet werden sollen. Dass damit nicht beabsichtigt ist, eine bestimmte Gedankenrichtung und Folge streng vorzuschreiben, erscheint meinem Auftraggeber unzweifelhaft. Aber er ist doch nicht sicher, ob eine Arbeit, welche die angegebenen Gesichtspunkte nur nebensächlich behandelt und in der Hauptsache eine wesentlich andere Richtung einschlägt, indem sie sich dabei nur an das in der Titelfrage gestellte Thema selbst hält, nichtsdestoweniger Aussicht auf Berücksichtigung hat. Wenn nicht, so würde ihm sehr viel vergebliche Arbeit erspart, wenn || Sie die Güte hätten, ihm diesen Aufschluss schon jetzt zu geben.
Ausserdem bittet mein Auftraggeber, ihm die Begrenzung seiner Arbeit gütigst dadurch erleichtern zu wollen, dass Sie ihm eine ungefähre Angabe machen über den wünschenswerten Umfang derselben.
Ihrer gütigen Antwort entgegensehend, zeichnet mit ganz besonderer Verehrung
Ihr ergebenster Dr. W. Schallmeyer
Wilhelmstrasse 17/2