Max Verworn an Ernst Haeckel, Bonn, November 1918
Bonn, November 1918.
Sehr geehrter Herr Kollege!
Hiermit erlaube ich mir, Ihnen den anliegenden von Bonner Professoren und Dozenten unterschriebenen Aufruf zu übersenden mit der dringenden Bitte, diesen Aufruf selbst zu unterzeichnen und – wenn die Zeit noch ausreicht – im Kreise der Ihnen befreundeten Kollegen weitere Unterschriften zu sammeln.
Zur Begründung unseres Schrittes verweisen wir besonders auf den letzten Satz unseres Aufrufs:
„Die deutsche Nationalversammlung ist das dringendste Erfordernis der Stunde, nicht um den bürgerlich-demokratischen Kreisen, wie vielfach behauptet wird, die Teilnahme an der Regierung zu verschaffen, sondern um zu verhindern, dass dem ganzen deutschen Volke ein Friede aufgezwungen wird, der die Grundlagen seines Daseins auf Jahrhunderte vernichtet.“
Wir meinen, dass dies im Augenblick die einzige Parole ist, die Werbekraft für alle Kreise unseres Volkes besitzt und der Forderung nach einer unverzüglichen Einberufung der Nationalversammlung die nach jeder Richtung hin einwandfreie, breite Grundlage gibt, die unbedingt zur Durchführung notwendig ist.
Es darf aber keine Zeit mehr versäumt werden.
Wir bitten Sie daher, die Unterschriften, bis spätestens 1. Dezember an die Adresse des mitunterzeichneten Professor Berthold Litzmann, Bonn, Kaiserstrasse 233 zurücksenden zu wollen. Sofort nach Eingang wird der Aufruf mit den alphabetisch geordneten Namen an die Führer aller politischen Parteien und die grossen Zeitungen (zum Abdruck im redaktionellen Teil, eventuell ohne Unterschriften, nur mit Angabe der Beteiligungsziffer) gesandt. Auf Wunsch stehen Ihnen Exemplare zur weiteren Verteilung zur Verfügung.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Max Verworn. ||
[Beilage: Aufruf zur Einberufung einer deutschen Nationalversammlung]