Gustav Konrad Heinrich von Goßler (Minister der geistlichen, Schul- und Medizinalangelegenheiten) an Ernst Haeckel , Berlin, Juli 1884
Verein zur Förderung der
zoologischen Station in Neapel
Berlin, im Juli 1884.
Sehr geehrter Herr!
Am 26. Juni dieses Jahres hat unter dem Vorsitze des Präsidenten des Deutschen Reichstages Herrn von Levezow eine Versammlung stattgefunden, in welcher über diejenigen Schritte beraten worden ist, die geeignet seien, die von dem Professor Dr. Anton Dohrn ins Leben gerufene
Zoologische Station in Neapel
zu sichern und weiter zu entwickeln.
Nach Verlesung eines Schreibens Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, von dem wir uns gestatten, einen Abdruck beizulegen, erwählte die Versammlung, von dem Wunsch erfüllt, der Zoologischen Station zu Neapel die thatkräftige Unterstützung des Deutschen Volkes zu gewinnen, einen geschäftsführenden Ausschuß mit dem Rechte der Cooptation, der nunmehr || aus folgenden Personen besteht:
1.) Mitglied des Reichstags von Benda,
2.) Geheimer Commerzien-Rath von Bleichröder,
3.) Ober-Stabsarzt a. D. Dr. Paul Börner,
4.) Geheimer Medizinalrath Professor Dr. du Bois-Reymond,
5.) Geheimer Commerzienrat Adalbert Delbrück,
6.) Mitglied des Reichstags, Ober-Bürgermeister Dr. von Forckenbeck,
7.) Vizepräsident des Reichstags, Freiherr von und zu Franckenstein,
8.) Mitglied des Reichstags, Staatsminister Dr. von Goßler,
9.) Geheimer Commerzien-Rath A. Heckmann,
10.) Geheimer Regierungs-Rat Professor Dr. von Helmholtz,
11.) Minister-Resident Dr. Krüger,
12.) Präsident des Reichstags von Levezow,
13.) Geheimer Medizinal-Rath, Professor Dr. Leyden,
14.) Wirklicher Geheimer Rath und Mitglied des Bundesraths, Freiherr von Nostiz-
Wallwitz
15.) Ober-Stabsarzt Dr. Rabl-Rückhardt ||
16.) Präsident der Seehandlung Roetger,
17.) Mitglied des Reichstags, Commerzien-Rath Schlutow,
18.) Geheimer Regierungs-Rath Dr. Werner Siemens,
19.) Geheimer Medizinal-Rath, Professor Dr. Waldeyer.
Der Ausschuß hat sich konstituirt und zu seinem Vorsitzenden den Staatsminister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, Herrn Dr. von Goßler, zum zweiten Vorsitzenden den Wirklichen Geheimen Rath, Königlich Sächsischen Gesandten und Mitglied des Bundesraths, Herrn Freiherrn von Nostitz-Wallwitz, zum Schatzmeister den Präsidenten der Seehandlung Herrn Roetger und zu Schriftführern die Herren Ober-Stabsarzt a. D. Dr. Paul Börner und Ober-Stabsarzt Dr. Rabl-Rückhardt gewählt.
Die von einem Privatmann, Professor Dr. Anton Dohrn, aus eigenen Mitteln ins Leben gerufene Zoologische Station in Neapel bedarf trotz vielfacher ihr gewordenen Unterstützung der nachhaltigen Förderung seitens der Deutschen Nation, damit sie die Aufgaben zu erfüllen|| vermöge, für deren Bearbeitung sie in der vortrefflichsten Weise eingerichtet und ausgestattet wurde. Es ist vor Allem dringend nothwendig, daß die Zukunft der Station eine gesichertere werde, als dies bisher zu erreichen möglich war. Sie bedarf aber auch der dauernden Bereitstellung größerer Mittel, um ihre Thätigkeit auf Gebiete erstrecken zu können, die ihrem Arbeitsprogramm durchaus angehören, bis jetzt aber unbebaut bleiben mußten.
Die Bedeutung der Zoologischen Station für die Wissenschaft ist in dem beiliegenden Aufruf des Herrn du Bois-Reymond klar dargelegt.
Augenblicklich handelt es sich zuvörderst um längst nothwendige und sehr umfangreiche Reparaturen des vorhandenen Schiffsmaterials, ohne welche die Arbeiten unterbrochen werden müßten. Daran soll sich aber sofort anschließen die Beschaffung eines dritten größeren Dampfers, dessen baldige Herstellung nach dem Urtheile aller Sachverständigen durchaus geboten ist.||
Indem wir nicht daran zweifeln, daß es binnen Kurzem gelingen wird, diese ersten Ziele zu erreichen, hegen wir zu der Opferwilligkeit der Deutschen Nation das Vertrauen, es werde fernerhin möglich sein, mit ihrer Hilfe dem Werke der Zoologischen Station zu Neapel eine dauernde Grundlage durch reiche Zuwendungen zu verschaffen. In diesem Falle wird ein ständiges Comité die Verwendung der zu Gebote gestellten Mittel im Sinne der Geber überwachen.
Der geschäftsführende Ausschuß hat indessen, trotz seiner Überzeugung, daß eine schleunige Unterstützung des nationalen Werkes notwendig ist, andererseits doch geglaubt, dem Umstand Rechnung tragen zu müssen, daß die jetzige Jahreszeit wenig geeignet ist, um einer Agitation Erfolg zu versprechen. Derselbe hat daher von einem öffentlichen Aufrufe zur Zeit noch Abstand genommen und es für seine erste Aufgabe erklärt, inzwischen eine ausgedehnte Organisation in ganz Deutschland ins Leben zu rufen.||
Zu diesem Zwecke ist es nothwendig, daß sich behufs der vorzunehmenden Sammlungen an allen dazu geeigneten Orten Zweigcomités bilden, und ersuchen wir Sie, sich an der Bildung eines solchen in [Lücke] betheiligen zu wollen. In gleicher Weise haben wir uns noch an einige Herren gewendet, deren Namen in der beiliegenden Liste verzeichnet sind.
Wir bitten Sie, sich mit denselben in Verbindung setzen zu wollen.
Indem wir es Ihnen und diesen Herrn überlassen, wann und in welcher Weise Sie vorzugehen für richtig erachten, möchten wir nur dem Wunsche Ausdruck geben, daß die Organisation der Zweigcomités, wenn irgend möglich, vor Ende Oktober ausgeführt ist.
Während wir es augenblicklich, wie schon erwähnt, nicht für angezeigt erachten, mit einem Aufruf und einer an ihn sich anschließenden Aufforderung zu Sammlungen für die Zoologische Station in Neapel || in die Öffentlichkeit zu treten, so steht dem selbstverständlich nichts entgegen, daß innerhalb kleinerer Kreise bzw. innerhalb der Zweigcomités schon jetzt Beiträge in Empfang genommen werden, da in dieser Beziehung die örtlichen Verhältnisse allein maßgebend sind.
Nach Konstituierung eines Zweigcomités ist es dringend erwünscht, daß der erste Schriftführer des geschäftsführenden Ausschusses, Herr Dr. Paul Börner-Berlin, W., Burggrafenstraße 8, sofort Mittheilung davon erhalte. Derselbe ist inzwischen bereit, jede von ihm verlangte Auskunft zu ertheilen und, falls von dem beiliegenden Druckmaterial noch weitere Exemplare gewünscht werden, diese sofort zu übersenden.
Der Vorsitzende des Ausschusses.
von Goßler